Evelyn Hofers fotografisches Werk

Meisterin der Komposition

Evelyn Hofer wurde einst als "berühmteste unbekannte Fotografin" Amerikas bezeichnet. Gleich zwei Ausstellungen zeigen nun das beeindruckende Werk der in Marburg geborenen Fotografin.

Die Galerie m in Bochum präsentiert frühe Farbfotografien von Evelyn Hofer, die im Zusammenhang mit ihren berühmten Fotobüchern über New York, Washington und Dublin entstanden sind. Es sind auch erstmals weniger bekannte Fotos aus Paris zu sehen. Die Ausstellung findet anlässlich der großen Retrospektive Evelyn Hofers in der Villa Stuck in München statt, die mit einer Auswahl von über 200 Arbeiten alle Schaffensphasen der deutsch-amerikanischen Fotografin zeigt. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf Hofers fotografischen Essays, die im Zuge von Auftragsarbeiten für Magazine entstanden sind.

ÜBER DIE FOTOGRAFIN: Evelyn Hofer wurde 1922 in Marburg geboren. Mit ihrer Familie floh sie 1933 vor dem Nazi-Regime zuerst nach Genf, dann nach Madrid und später nach Mexiko. In der Schweiz erlernte Hofer als Privatschülerin das Handwerk der Fotografie, unter anderem bei Hans Finsler, einem der bedeutendsten Repräsentanten der Neuen Sachlichkeit in der Fotografie. 1946 zog Hofer nach New York, wo sie für renommierte Magazine wie "Harper’s Bazaar" oder "Vogue" arbeitete, ab 1970 kamen Aufträge für "Life International" oder "The New York Times Magazine" dazu. Ihr vielseitiges Werk, das seit Ende der 40er-Jahre entstanden ist, zeichnet sich neben Themen wie Architektur, Landschaft, Interieur, Stillleben und Künstlerporträts vor allem durch ihre Stadtporträts aus, in denen sie die Geschichte des Ortes und der Personen in dem ihr eigenen fotografischen Stil festhielt. Die sehr klare und eher klassische Komposition ihrer Porträts erinnert formal an die Bildauffasung August Sanders, dessen Tradition sie jedoch eigenständig weiterentwickelte. Bilder wie "Mädchen mit Fahrrad, Dublin" oder "Phoenix-Park an einem Sonntag, Dublin" (beide aus dem Jahr 1966) zeugen von einem außergewöhnlichen Sinn für die ästhetische Qualität der Farbe. Die Bilder stammen aus einer Zeit bevor sich die künstlerische Farbfotografie durch Künstler wie William Eggleston oder Stephen Shore in den 1970er Jahren weitgehend etablierte.