Reaktion auf geplantes Kulturgutschutzgesetz

Auch Beckmann-Enkelin zieht Leihgaben zurück

Georg Baselitz holt seine Leihgaben aus deutschen Museen. Es ist ein Statement zum umstrittenen Kulturgutschutzgesetz von Staatsministerin Grütters. Andere Leihgeber folgen oder drohen zu folgen

Der Protest gegen das geplante Gesetz zum Schutz von Kulturgütern weitet sich aus. Nach dem Künstler Georg Baselitz will auch die Enkelin des Malers Max Beckmann (1884-1950) ihre Leihgaben aus deutschen Museen zurückzuziehen, wie sie Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) schrieb. Der Brief liegt dpa vor. Günther Uecker erwägt nach Angaben der Tageszeitung "Die Welt" (Mittwoch) ebenfalls einen solchen Schritt.

Mit dem Gesetz will die Bundesregierung den Schutz von Kunstwerken neu regeln und an EU-Recht anpassen. Unter anderem sollen die Ausfuhrbedingungen verschärft werden.

Danach sei vorgesehen, dass Leihgaben nach fünf Jahren automatisch "Nationales Kulturgut" würden, kritisierte die Künstler-Enkelin Mayen Beckmann. Die Werke seien damit nicht mehr frei auf dem internationalen Markt verkäuflich. Um die "Inhaftnahme" des Familienvermögens zu verhindern, sehe sie sich zur Kündigung der Leihverträge gezwungen, schrieb sie. Betroffen ist das Leipziger Kunstmuseum.

Ein Sprecher von Grütters nannte die Sorge unbegründet. Der Gesetzentwurf sehe vor, dass Leihgeber ihre Werke von dieser Regelung ausnehmen lassen könnten. Grütters selbst will am Mittwoch bei einem Pressegespräch zu der Kritik Stellung nehmen. Der Bundestag hat noch nicht über das Gesetz beraten.

Der deutsche Künstler Gerhard Richter zeigte Verständnis für die Kritiker. "Niemand hat das Recht mir vorzuschreiben, was ich mit meinen Bildern mache", sagte er der "Dresdner Morgenpost". Er könne Baselitz gut verstehen. "Ich würde es genauso machen wie er: die Bilder aus den Museen holen, schnellstens auf den Markt bringen und verkloppen." Richter wartet derzeit noch ab, ob der Gesetzentwurf auch so beschlossen wird.

Mehrere deutsche Museen bereiteten unterdes die Rückgabe von Baselitz-Werken vor. Im Dresdner Albertinum sollen bereits am Freitag zehn Arbeiten aus der Ausstellung genommen werden, wie eine Sprecherin der Staatlichen Kunstsammlungen (SKD) am Dienstag sagte. In der Münchner Pinakothek und den Kunstsammlungen Chemnitz gibt es noch keine Termine.

In Dresden sind die Gemälde und eine Holzskulptur noch bis einschließlich Donnerstag zu sehen, ehe der Baselitz-Raum aufgelöst wird. Dazu gehören mit fünf Porträts auch die ersten auf dem Kopf stehenden Bilder aus den späten 1960er Jahren von dem aus Sachsen stammenden Künstler.

Die Pinakothek der Moderne in München verliert fünf Werke, darunter drei "Helden"-Bilder aus den 60er-Jahren. Wann sie zurückgehen, stehe noch nicht fest, sagte eine Sprecherin. Auch in Chemnitz sind die beiden Baselitz-Leihgaben vorerst weiter zu sehen. "Es gibt noch keinen Abholtermin", sagte Kunstsammlungsdirektorin Ingrid Mössinger.

Sie sprach von einer Hiobsbotschaft. Es sei bedrohlich, wenn Sammler über solche Schritte nachdächten und das Beispiel Schule machen sollte. Da Baselitz ihr aber versichert habe, dass sein Ärger nichts mit den Kunstsammlungen zu tun habe, hofft sie wie die Dresdner Kollegen auf die Zukunft. Seine Aktion mache zumindest auf einen Dissens über das Gesetz aufmerksam, von dem sie nur Berichte in den Medien kenne. "So, wie es da steht, kann es nicht bleiben", sagte sie mit Verweis auf eine zunehmende Bürokratisierung.

Der Provenienzforscher Willi A. Korte indes hält die Aufregung um das Gesetz für "überzogen". Sie solle kaschieren, dass die wahren Bedenken des Kunsthandels wohl vor allem bei der Einfuhr zu sehen seien, sagte er im Deutschlandradio Kultur. Mehr Sorgfaltspflicht passe dem Kunsthandel nicht. Allerdings könnten Ausfuhrbestimmungen zum Schutz nationalen Kulturguts von staatlicher Seite missbraucht werden, um Restitutionsforderungen zu umgehen. "Die Definition, was national wertvolles Kulturgut ist und was also ausgeführt werden kann zu welchen Bedingungen, das muss in der Tat sauber geregelt werden."