Armory-Chef Benjamin Genocchio

7 Thesen zur Zukunft des Kunstmarktes

In dieser Woche findet in New York die Armory Show statt. Benjamin Genocchio, der Direktor der Kunstmesse, über die Zukunft des Kunstmarktes

1.) Galerien bleiben entscheidender Faktor für die Karriere von Künstlern

Die Rolle der Galerien im Kunstmarkt hat sich durch ein wachsendes internationales Kunstpublikum und einen leichteren Zugang größerer Gesellschaftsteile zur Kunst deutlich verändert. Insbesondere die jungen Galerien stehen unter dem zunehmenden Druck, ein relevantes Programm zu machen und gleichzeitig genug zu verkaufen, um die Fixkosten bewältigen zu können. Aus diesem Grund sind Kunstmessen so wichtig geworden. Sie bieten den Galerien eine lukrative Plattform, um mit neuen Kunden in Kontakt zu kommen und gleichzeitig aktiv globale Präsenz zu zeigen. Ich glaube fest daran, dass Galerien in Zukunft eine noch entscheidendere Rolle spielen werden, wenn es darum geht, die Arbeiten von Künstlern zu fördern, zu managen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Galerien werden eine noch größere Bedeutung für die Karriere von Künstlern haben, indem sie deren künstlerische Arbeit einem breiteren Publikum vermitteln, aber auch Museumsausstellungen und das Interesse von Kuratoren fördern. Das bedeutet für die Galerien eine aufregende und vielversprechende Zukunft, aber auch eine enorme Verantwortung, die sie als Vermittler von Geschichte und Kultur tragen.

2.) Je globaler die Kunstwelt, desto wichtiger das Regionale

Die Folgen der Globalisierung sind paradox: Die Kunstwelt wird globaler, aber die Kunstmessen und Galerien arbeiten zunehmend lokaler. Messen und Galerien müssen ihre Dienstleistungen vermehrt in den Städten anbieten, in denen die Kunden sind. Die Armory bezeichnen wir beispielsweise trotz unseres globalen Publikums als regionale Messe, weil unser Ziel ist, dem New Yorker Kunstmarkt zu dienen, indem wir hier die besten Werke aus der ganzen Welt präsentieren. Es reicht nicht, wenn eine Messe nur eine Plattform für Verkäufe ist. Sie muss auch kulturellen Austausch, Entdeckungen und Dialog bieten.

3.) Die Zahl der Messen und Events wird weiter zunehmen

Sehr wahrscheinlich werden weitere Messen und Events aus dem Boden schießen. Auf der ganzen Breite des Spektrums herrscht Appetit darauf. Die Kunstwelt ist extrem gesellig, und viele Leute in dem Bereich lieben das Event-Erlebnis. Kunstmessen bieten zudem eine bemerkenswerte Konzentration an Kontaktmöglichkeiten – von Sammlern über Galeristen zu Kuratoren und Museumsdirektoren. Dieses große Netzwerk ermöglicht einen sehr produktiven kulturellen und ökonomischen Austausch, der in einem Bereich notwendig ist, in dem Effizienz und Bequemlichkeit so wichtig sind.

4.) Die Auktionshäuser müssen kämpfen

Die Auktionshäuser stehen vor einem interessanten Dilemma, weil nur eine sehr schmale Bandbreite von Kunstwerken auf Auktionen viel einbringt, und zwar die oberste Spitze auf dem Markt – moderne und zeitgenössische Meisterwerke. Ich denke, in Zukunft werden die Auktionshäuser weniger verkaufen, während sie das teuerste Segment des Marktes weiter im Griff behalten. Aber sie werden um einen begrenzten Bestand an Kunstwerken auf der Welt und gleichzeitig um Talent kämpfen müssen – in letzter Zeit sind bereits einige Top-Künstler von Auktionshäusern zu Galerien gewechselt, und ich gehe davon aus, dass dieser Trend anhalten wird.

5.) Der Schlüssel zum Erfolg sind die Kosten

Die größte Herausforderung für Galerien heute ist das Management der Kostenstruktur: die laufenden Kosten, die mit den physischen Ausstellungsräumen verbunden sind, sowie die finanziellen Mittel für die ständigen Reisen und die täglichen Ausgaben. Um zu überleben, müssen die Galerien ihr Netzwerk über den ganzen Kontinent ausbauen und ständig verkaufen. Kunstmessen sind eine gute Lösung, weil sie den Galerien erlauben, ihre Künstler auf allen Ebenen zu promoten: Hier finden sie Sammler, Kuratoren ebenso wie Museumsvertreter. Messen müssen neue, kosteneffektive Wege finden, hochrangige internationale Kunst lokal auf den Markt zu bringen.

6.) Die Galerien werden ihre Businessmodelle verbreitern

Das Geschäftsmodell der Galerien wird grundsätzlich bleiben. Veränderungen prognostiziere ich aber bei der Art und Weise, wie das existierende Geschäft gemanagt und strukturiert wird. Beispielsweise ist zu beobachten, dass zunehmend viele Galerien Onlineverkaufsplattformen einrichten und Sekundärmarktwerke in ihr zeitgenössisches Angebot aufnehmen, um Geschäfte zu machen. Ich glaube, diese beiden Trends werden anhalten und sich in Zukunft eher noch verstärken.

7.) Die globale Wirtschaftslage entscheidet

Der Kunstmarkt macht nur einen Bruchteil der globalen Märkte aus, ja sogar nur einen Bruchteil des Luxusgütermarktes. Daher wird er immer von der Performance dieser größeren Märkte abhängig sein. Für die Zukunft würde ich mir eine stärkere Belohnung und Anerkennung für kuratorische Anstrengungen und eine Förderung junger Galerien wünschen, die wirklich das nächste Kapitel in der zeitgenössischen Kunst schreiben.