Das British Museum nach dem Brexit

"Neue Herausforderungen"

Ein Deutscher in London: Kaum angekommen, muss sich Hartwig Fischer als Chef des Britischen Museums mit dem Brexit auseinandersetzen

Er ist der erste Deutsche als Direktor des weltbekannten British Museum - doch kaum ist Hartwig Fischer in London angekommen, muss er sich mit dem Brexit auseinandersetzen. "Ich glaube, das Ergebnis des Referendums stellt für das ganze Land neue Fragen und neue Herausforderungen. Wie wir diese beantworten werden, das ist noch offen", sagt er am Freitag diplomatisch bei der Vorstellung des Jahresberichts. "Wie genau das Verhältnis Großbritanniens zur EU in der Zukunft gestaltet wird, das bleibt abzuwarten. Wir werden innerhalb dieses Kontextes sehen, wie wir uns positionieren."

Erst im April hatte der 53-Jährige den Posten an der Spitze des Hauses, das weltweit zu den größten und wichtigsten kulturgeschichtlichen Museen zählt, übernommen. Er löste den Briten Neil MacGregor ab, der Gründungsintendant des Humboldtforums im rekonstruierten Berliner Stadtschloss wurde. Zuvor war Fischer Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD).

Und nun das: Knapp drei Monate nach Amtsantritt schockt das Brexit-Votum die Großstadtmetropole London und ihre Kulturszene. Nicht nur das Britische Museum steht für den kulturellen Austausch, bei dem auch EU-Förderungen und -Partnerschaften eine Rolle spielen. Die Museums Association hat diese Woche schon ihre Besorgnis um finanzielle Konsequenzen für den Museumssektor ausgedrückt. Verantwortliche der Londoner National Gallery ließen dagegen verlauten, dass es für eine Einschätzung möglicher Auswirkungen noch zu früh sei.

Dem schließt sich auch Fischer an. Die Sicherung der Finanzierung sei immer schon eine Herausforderung, und man sei auf eine Vielzahl von Kooperationen angewiesen. "Das Britische Museum hat ein sehr weit gespanntes Netz von Kooperationen, auch weit über die EU hinaus", sagt er. "Diese Partnerschaften werden sicher weiter existieren, und wir werden dafür Sorge tragen, dass sie sich mit derselben Intensität weiterentwickeln wie bislang. Ich sehe keinen Grund, warum sich das ändern sollte." Gerade in Zeiten der Unsicherheit seien die Aufgaben des Museums umso wichtiger. Das Erlebnis der Besucher stehe dabei weiterhin an oberster Stelle.

Fischer ist der erste ausländische Direktor des Museums seit 1827 - also seit fast 200 Jahren. "Die Frage meiner Nationalität spielt absolut keine Rolle", betont er. Insgesamt seien 58 Nationen im Kollegium vertreten. "Es ist völlig selbstverständlich, und das macht auch den besonderen Charakter dieser Stadt und des Museums aus."

Die anstehenden Projekte zeigen die Internationalität: Etwa die Ausstellung "Südafrika: Drei Millionen Jahre Kunst", die Ende Oktober eröffnet wird. Für 2017 seien unter anderem Ausstellungen über japanische und russische Kunst geplant.

Wie die britische "Times" diese Woche berichtete, hat Fischer auch Neues mit dem berühmten Reading Room, dem alten Lesesaal der British Library, vor. Dazu äußerte sich der Direktor zurückhaltend. "Er ist bisher für Wechselausstellungen genutzt worden. Aber unsere Hoffnung ist, dass er organischer eingebunden werden kann in den Gesamtkomplex des Britischen Museums."

Im vergangenen Jahr besuchten 6,9 Millionen Menschen das Britische Museum. Das ist ein Anstieg von drei Prozent gegenüber dem Jahr zuvor und bedeutet die bisher erfolgreichste Saison der beliebten Einrichtung. Ihre Sammlungen umfassen über acht Millionen Objekte, welche die Kulturgeschichte der Menschheit veranschaulichen. Zu den Highlights gehört der Rosetta-Stein, der eine zentrale Rolle beim Entziffern der Hieroglyphen gespielt hat.

Gegründet wurde das Museum 1753, als der irische Mediziner und Wissenschaftler Sir Hans Sloane der britischen Nation seine Literatur- und Kunstsammlung überließ.