Capella Cattelan

Während auf anderen griechischen Inseln langsam das Benzin knapp wurde, traf sich auf dem autofreien Künstlereiland Hydra wieder einmal der internationale Kunstzirkus: Seit Megasammler Dakis Joannou sich entschlossen hat, ein verlassenes Schlachthaus auf den Felsen zu einem Projektraum für jährliche Ausstellungen seiner Künstler zu machen, ist die Insel immer die letzte Station des Kunstsommers. Dieses Mal war unter anderem Doug Aitken mitgekommen, der für die kommende Ausstellung im Jahr 2011 ausersehen wurde, den Ort zu bespielen. Während voriges Jahr Matthew Barney und Elizabeth Peyton das kleine Steinhaus mit einer okkulten Prozession einweihten (siehe Monopol 08/09), erscheint das entrückte Gemäuer in diesem Jahr für einen wie Maurizio Cattelan gerade noch morbide genug. Der Künstler, selbst temporärer Bewohner der streng unter Landschaftsschutz stehenden Insel, zeigt zwei verkleinerte Nachbildungen seiner selbst mit ergrauten Schläfen und in Bestattungsanzügen. Die auf einem Totenbett aufgebahrten Puppen scheinen an die stockfl eckige Decke zu starren. Doch auf was genau will Cattelan, ein professioneller Jongleur mit Tabus und Schockeffekten, mit den beiden Mini-Mes hinaus? Handelt es sich vielleicht um ein überraschendes Coming-out mit Referenzen an Gilbert & George? Soll das Sterben, wenn es sich durch Kunst schon nicht vermeiden lässt, wenigstens weniger einsam sein? Ist es ein nachdenkliches Memento memento mori mori? Wächst unser Beschützerinstinkt, je kleiner jemand ist – und trifft das auch bei zwei 1,20-Meter-Maurizios zu? Und ist jemandem aufgefallen, dass die Gesichtszüge der beiden Cattelan-Diminutive auch schwache Ähnlichkeit mit seinem Sammler, Freund und Ermöglicher Dakis Joannou haben? Vielleicht ist es aber auch nur Cattelans besonders persönliche Hommage auf Hydra: Wenn das antike Fabelwesen im Kampf einen Kopf verlor, wuchsen ihm sofort zwei neue.