Neustrukturierung

Kunsthalle Düsseldorf bangt um Eigenständigkeit

Oberbürgermeister Thomas Geisel möchte im Zuge einer Neustrukturierung der Düsseldorfer Museumslandschaft eine Generalintendanz berufen. Die Eigenständigkeit der Kunsthalle Düsseldorf und der Partnerinstitution Kunst im Tunnel (KiT) ist bedroht.

Beat Wismer, der derzeitige Direktor des Museum Kunstpalast, verlässt das Haus im März. Diesen Wechsel will Oberbürgermeister Thomas Geisel offenbar zur Neustrukturierung der Düsseldorfer Museumslandschaft nutzen. Ein Generaldirektor soll neben der Steuerung des Museum Kunstpalast auch die Führung der Kunsthalle Düsseldorf sowie die Partnerinstitution Kunst im Tunnel (KiT) übernehmen, wodurch Verwaltungs- und Personalkosten gespart würden.

Der Künstler Helmut Schweizer, die Künstlerin Andrea Knobloch und Autor und Galerist Stefan Ohem haben nun einen offenen Brief an Thomas Geisel verfasst, die wir hier dokumentierten:

"Von hier aus in die Zukunft
Kunsthalle Düsseldorf – Kunst in einer offenen Gesellschaft

In Zeiten knapper Kassen gerät auch die Kultur, geraten alle mit öffentlichen Mitteln ermöglichten Kulturinstitutionen – seien es Oper, Theater, Ballett, Museum oder auch Projekte der freien Szenen – immer wieder unter Rechtfertigungsdruck und es wird nach dem Stellenwert der Kultur für die Bürger im Rahmen der allgemeinen Daseinsvorsorge gefragt. Aber in dem Augenblick, in dem die Politik ihre Argumentation derart verengt, stellt sie die Kultur unter die Kuratel eines Denkens und Handelns, das sich nur noch am Nutzwert jedoch nicht an Werten orientiert. Darauf hat erst kürzlich Gerhart Baum, Vorsitzender des Kulturrats NRW, eindringlich hingewiesen: Kultur ist nicht etwa schmückendes Beiwerk, sie ist "unverzichtbar für die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft".

Seit fast einem halben Jahrhundert ist die Kunsthalle Düsseldorf im Herzen der Stadt beheimatet. In einer Zeit des fortschreitenden Umbaus ihrer Nachbarschaft in eine Zone gehobenen Konsums hat sich im markanten Gebäude am Grabbeplatz über die Jahre ein virulenter Ort der Debatten zwischen Kunst und Leben entwickelt. Die wechselnden Ausstellungen zeitgenössischer Kunst in Kunsthalle und Kunstverein, die Programme experimenteller Musik im Salon des Amateurs, das Kabarett im Düsseldorfer Kommödchen und nicht zuletzt das Momentum der stets aktuellen Kunstbuchhandlung sind wichtige Impulsgeber für das Düsseldorfer Kulturleben.

Die Kunsthalle Düsseldorf ist als eigenständige Institution ein in die städtische Öffentlichkeit hineinwirkender, in der nationalen wie internationalen Kunstszene anerkannter und vernetzter Ausstellungsort von hohem Renommee. Sie gemeinsam mit ihrer Partnerinstitution, dem KIT (Kunst im Tunnel) als Teil einer "Museumslandschaft" zu verhandeln und einer im Museum Kunstpalast installierten Generalintendanz unterstellen zu wollen, erscheint als ein kulturpolitisch geradezu absurdes Unterfangen.

In Kunsthalle und KIT geht es nicht um das Sammeln und Bewahren. Hier geht es um Ungesichertes, um das Glück, einer Kunst zu begegnen, von der wir uns erhoffen dürfen, dass sie nicht das Erwartbare liefert, sondern Unerwartetes zu Tage fördert. Dass sie nicht Gewohntes bestätigt, sondern Durchblicke auf Übersehenes, Unentdecktes, Verdrängtes, Verstörendes eröffnet. Dass sie nicht nützlich und dabei noch angenehm daher kommt, sondern herausfordernd, treffend und unbequem auf die Fragen zielt, die viele Menschen in diesen Zeiten umtreiben.

Als mit öffentlichen Mitteln geförderte städtische Einrichtungen suchen Kunsthalle und KIT den Dialog mit der Stadtgesellschaft und stellen sich stets aufs Neue der Aufgabe, im Rahmen demokratisch verfasster Entscheidungsfindungsprozesse Mehrheiten für das nicht Mehrheitsfähige zu gewinnen – gegründet auf der Anerkennung von Kunst und Kultur als unverzichtbare Einlassung der Daseinsvorsorge der Düsseldorfer Bürgerschaft im 21. Jahrhundert.

Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner dieses Schreibens erwarten von der Düsseldorfer Stadtregierung ein entschiedenes "JA" zur Kunsthalle Düsseldorf und dem KIT und zum Erhalt ihrer Eigenständigkeit und Zukunftsfähigkeit als unverzichtbare Foren der Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst in der Mitte einer dynamischen Stadtgesellschaft. Dieses "JA" wäre auch ein Bekenntnis zur Kulturstadt Düsseldorf und – im Sinne Gerhart Baums – "für die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft".

Zur Unterzeichnung genügt eine Email mit vollständigem Namen an: knoblochandrea@gmx.de"