Gretchen Bender im Schinkel Pavillon

Flüchtiger als Kino

Berlin entdeckt mit Gretchen Benders "Total Recall" ein Sampling-Meisterwerk

Das Eröffnungspublikum wurde auf einmal sehr still. Nach und nach erlöschten sogar die Smartphones. Geradezu entrückt saßen die Besucher bald im Keller des Berliner Prinzessinnenpalais vor "Total Recall". Die restaurierte 18-minütige Videoinstallation von Gretchen Bender (1951–2004) ist erstmals in Deutschland zu sehen und von bestürzender Qualität: elegisch, kühl, komplex. Und dabei, obwohl aus tausend Schnipseln zusammengesetzt, vollendet wie eine Symphonie.

Auf 24 Monitoren und drei Projektionsflächen hat die Amerikanerin, weitgehend vergessene Wegbegleiterin von Künstlern wie Cindy Sherman oder Robert Longo, gesampelt, was das Jahr 1987 medial hergab, und mit elektronischer Musik von Stuart Argabright unterlegt. Wie ein Gottesdienst vor dem TV-Altar mutet es an, nur dass die Gebete hier Firmenslogans sind. Ein nostalgisches Moment hat das Werk, weil es eine Welt einfängt, die flüchtiger ist als das Kino oder die bildende Kunst.

Das Fernsehen der 80er existiert heute bloß noch in Archiven und in Ausschnitten auf YouTube. Die Samplingtechnik und die Animationen aber verweisen bereits auf die digitale Gegenwart.