Original oder Fälschung?

Gericht rollt Streit um Immendorff-Bild auf

Düsseldorf (dpa) - Das Düsseldorfer Oberlandesgericht rollt den jahrelangen Rechtsstreit um ein angeblich gefälschtes Bild des Malers Jörg Immendorff auf. Es geht um die umstrittene Reproduktion des Bildes «Ready-made de l'Histoire dans Café de Flore». Das Landgericht hatte das Bild im vergangenen Jahr als Fälschung eingestuft und seine Vernichtung angeordnet.

   An der Entscheidung äußerte das Oberlandesgericht am Dienstag deutliche Zweifel: «Sollte Immendorff die Herausgabe des Bildes geduldet haben, wird es schwer, einen Vernichtungsanspruch zu begründen - auch wenn es kein Immendorff-Gemälde sein sollte», sagte Richter Wilhelm Berneke. Das Gericht will zunächst überprüfen lassen, ob die Unterschrift auf dem Echtheits-Zertifikat des Bildes echt ist oder gefälscht.

   Immendorffs Witwe Oda Jaune hatte das 1,20 mal 1 Meter große Bild im Katalog eines Auktionshauses entdeckt und die Vernichtung verlangt. Gutachter Siegfried Gohr hatte das strittige Gemälde als Fälschung eingestuft. Es sei im Gegensatz zum Original, das sich in Neuseeland befindet, ein Querformat. Nach Ansicht des Kunstprofessors ist die umstrittene Version mit Hilfe eines Diaprojektors auf die Leinwand aufgebracht und so reproduziert worden.

   Er könne sich nicht vorstellen, dass Immendorff so etwas autorisiert habe. Gohr erstellt im Auftrag von Immendorffs Nachlassverwalter Michael Werner ein Werkverzeichnis des Künstlers.

   Das Oberlandesgericht kritisierte die Auswahl des Gutachters: Da sein Werkverzeichnis von einer der Streitparteien finanziert werde, sei sein Einsatz als Gutachter «ganz ungewöhnlich».

Der beklagte Eigentümer hatte das Bild 2001 von seinem Bruder gekauft. Der soll es wiederum 1999 in Immendorffs Atelier in der Düsseldorfer Stephanienstraße von einem Mitarbeiter des Malers für 30 000 Mark gekauft haben. Das war die Zeit, in der der Maler kostspielige Sex- und Drogenorgien feierte und finanziell klamm gewesen sein soll.

   Aber auch der Mitarbeiter ist kein unbeschriebenes Blatt: Bei einer Durchsuchung waren bei ihm Echtheits-Zertifikate und Immendorff-Bilder entdeckt worden. Noch komplizierter wird der Fall dadurch, dass auch Assistenten Immendorffs im Auftrag des Künstlers Kopien seiner Bilder anfertigten. Echtheitszertifikate des Künstlers sollen auch für dessen Mitarbeiter zugänglich gewesen sein. Immendorff (1945-2007) war durch eine unheilbare Nervenkrankheit in den letzten Lebensjahren gelähmt.