Vergangenheitsbewältigung

Gurlitts Familie will Sammlung zeigen und Raubkunst zurückgeben

Der Rechtsstreit um das Erbe des umstrittenen Kunstsammlers Cornelius Gurlitt zieht sich. Falls die Familie gewinnt, will sie etwaige Raubkunst schnell zurückgeben - und viele Bilder öffentlich zeigen. Dabei gehe es auch um Vergangenheitsbewältigung

Die Familie des umstrittenen Kunstsammlers Cornelius Gurlitt hat bekräftigt, Raubkunst zurückgeben und große Teile der Sammlung öffentlich zeigen zu wollen - sofern sie den Rechtsstreit um das Erbe gewinnt. Unterstützt von weiteren Angehörigen kämpft Gurlitts Cousine Uta Werner um Hunderte Kunstwerke, die Gurlitt kurz vor seinem Tod 2014 dem Kunstmuseum Bern zugesprochen hat. "Es geht um die Vergangenheitsbewältigung einer deutschen Familie", erläuterte Werners Tochter Charlotte der "Süddeutschen Zeitung" (Freitag), warum die Familie sich um das Erbe Gurlitts bemüht, dessen Testament sie für ungültig hält. "Wir wollen zeigen, dass eine deutsche Familie dazu in der Lage ist, mit allen Flecken, die da sein können."

Etwaige Raubkunst in der Sammlung, die vom NS-Kunsthändler Hildebrand Gurlitt aufgebaut worden war, werde gemäß den eigentlich nur für Museen verbindlichen Washingtoner Prinzipien den Eigentümern beziehungsweise deren Nachfahren zurückgegeben. Als Vorbild sehe man sich damit nicht, erläuterte die 54 Jahre alte Charlotte, die ihren vollen Namen nicht öffentlich machen möchte. «Aber wir wollen auch ein Zeichen setzen für alle diejenigen, die unter dem Naziterror leiden mussten.»

"Als Erstes sollen die zehn Bilder erforscht werden, bei denen die Taskforce einen konkreten Raubkunstverdacht ermittelt hat. Damit könnte morgen begonnen werden", sagte Charlotte in einem Doppelinterview mit ihrer Mutter Uta Werner in der "SZ". Etwa ein halbes Jahr werde es dauern, alle Informationen zur Herkunft der Bilder in einer Datenbank zusammenzuführen, die dann auch im Internet öffentlich gemacht werden solle.

Die Bilder selbst sollten großteils gezeigt werden. "Die "Entartete Kunst" soll in Deutschland der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die Bilder von Louis Gurlitt wären in Hamburg gut aufgehoben", sagte Charlotte, die aber einräumte: "Manches werden wir verkaufen müssen."

2013 war bekannt geworden, dass bereits im Vorjahr rund 1280 Kunstwerke in Gurlitts Münchner Wohnung von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt worden waren. Zwei Jahre später tauchten weitere 238 Gemälde in Gurlitts verwahrlostem Haus in Salzburg auf. Bei Hunderten davon bestand Verdacht auf Nazi-Raubkunst. Eine Taskforce, die die Herkunft der Bilder klären sollte, stellte ihre Arbeit zum Jahresende 2015 ein. Gurlitt war am 6. Mai 2014 gestorben - ohne seine Bilder noch einmal gesehen zu haben.