Künstler Phil Collins

Halbsprung ins Unbekannte

Von Ramallah bis ins Rheinland: Phil Collins begibt sich per ­Reisebus auf eine künstlerische Entdeckungstour

Mit dem Bus die Welt erkunden – das assoziieren viele wohl eher mit Geldmangel als mit künstlerischen Explorationen. Nicht so Phil Collins. Der 1970 in England geborene Künstler nimmt für das Impulse Theater Festival Studenten mit in einen Oldtimer- und einen stinknormalen Linienbus, fährt quer durch Nordrhein-Westfalen und lädt Gäste ein, etwa den Philosophen Armen Avanessian.

Die Aktion verspricht "selbstproduzierte Soundtracks, Kissenschlachten vor Panoramafenstern, schwache GPS-Signale, wiederverwertbare Kotztüten, erhitzte Diskussionen, unangemessene Flirts und die unvergesslichen Ausblicke auf den Autobahnen des Ruhrgebiets". Bereits im Mai unternahm Collins ähnliche Fahrten in den palästinensischen Autonomiegebieten. Dort waren die Passagiere Studenten eines mit der 5. Riwaq Biennale von Ramallah verbundenen Bildungsprogramms sowie seine eigenen Studenten aus Köln, die mit ihren palästinensischen Kommilitonen deren Land erkundeten – ein Land, das Collins zuerst 2001 während der zweiten Intifada kennenlernte.

"Ramallah", schreibt Collins per E-Mail, "hat sich seit meinem ersten Besuch sehr verändert. Damals war durch die allgegenwärtigen Checkpoints die Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt. Heute kann man natürlich reisen – in Bussen –, bis an die Grenzmauer, die die Westbank umgibt, auf den Palästinensern vorbehaltenen Straßen." Das Material, das die Studenten bei ihren Besuchen in Ramallah, Jenin, Jericho und Jerusalem erarbeiten, wird Teil der Fahrten durch Nordrhein-Westfalen.

Was ist "Our Position Vanishes" denn aber nun eigentlich? Phil Collins, der in Ramallah gerade eine Art Autokino auf einem Hausdach errichtet und darin ägpyptische Western, französische Musicals oder auch syrische Dramen zeigt, sagt: "Vielleicht ein schwindelerregender Halbsprung ins Unbekannte, verbunden mit der warmen Umarmung durch einen unsicheren Reiseführer. Also ziemlich wie das Leben." Bei dem weiß man ja nie, wann es wo ankommt. Die Busse fahren von Köln studiobühne beziehungsweise FFT Kammerspielen Düsseldorf nach Mülheim und sind dann rechtzeitig bei den Vorstellungen in Mülheim, wo das Festival seinen zentralen Spielort im Ringlokschuppen Ruhr hat. So viel Plan muss sein im deutschen Theater.