Achenbach spricht über seine Haft

"Ich bin entmaterialisiert"

 Düsseldorf/Essen (dpa) - Für einen Angeklagten, dem mehrere Jahre Haft drohen und dessen Firmen pleite sind, wirkt Helge Achenbach inzwischen erstaunlich gelassen. «Ich bin entmaterialisiert», sagte der seit sieben Monaten inhaftierte Kunstberater in einem kurzen Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur am Montag im Essener Landgericht. «Ich bin wieder da angekommen, wo ich 1973 als Sozialarbeiter angefangen habe.»

Dazu muss man wissen, dass Achenbach Sozialpädagogik studiert und ein Jahr Praktikum in der Justizvollzugsanstalt Siegburg gemacht hatte, bevor er 1973 seine erste Galerie in Düsseldorf gründete und sein Aufstieg als Kunstberater begann. «Ich bin zwar pleite, aber nicht ruiniert», sagt Achenbach, einst schillerndes Zentrum der Düsseldorfer Kunstszene. Während der Haft habe er angefangen, Gedichte zu schreiben und zu zeichnen. Daraus sei ein «Buch der Stille» für Freunde entstanden.

Achenbach ist nicht dabei, als Richter Joachim Matz am Landgericht Düsseldorf am Dienstag ein ziemlich kostspieliges Urteil verkündet. Rund 19 Millionen Euro Schadenersatz soll Achenbach an die Familie des 2012 gestorbenen Aldi-Erben Berthold Albrecht zahlen. Das ist zunächst einmal ein klarer juristischer Sieg für die Kläger, die zu den reichsten Familien Deutschlands zählen.

Berthold Albrecht war über drei Jahre bis zu seinem Tod der wohl beste Kunde von Deutschlands bekanntestem Kunstberater. Hochkarätige Kunstwerke und teure Vorkriegsoldtimer verkaufte Achenbach dutzendfach an seinen Duzfreund Berthold. In dem Zivilprozess wurde eine Gesamtsumme von insgesamt fast 100 Millionen Euro für 21 Kunstwerke und elf Oldtimer genannt, die Achenbach in Rechnung stellte.

Die fünf Kinder Albrechts forderten Millionenaufschläge in Höhe von 19 Millionen Euro zurück, die Achenbach mit einem angeblichen «Ermessensspielraum» auf die Objekte draufgeschlagen hatte. Und sie bekamen auf ganzer Linie Recht.

Allerdings stellt sich die Frage, ob Achenbach diese Summe überhaupt noch zahlen könnte. Das Firmengeflecht des einst umtriebigen und bestens vernetzten Kunstberaters ist insolvent. Rund 2000 Kunstwerke sowie zwei Oldtimer sollen demnächst versteigert werden. Etwa sechs Millionen Euro Erlös erhofft sich der Insolvenzverwalter aus dem Verkauf. Das ist nicht einmal ein Drittel der Summe, die den Albrecht-Erben zugesprochen wurde. Insgesamt stellen im übrigen rund 100 Gläubiger Forderungen in Höhe von 40 bis 50 Millionen Euro gegen Achenbach.

Mit der Festnahme Achenbachs im Juni 2014 ließ die Albrecht-Familie auch sogenannte «Arrestpfändungen» der privaten Vermögenswerte des Beraters vornehmen. Kunst und Autos sollen das gewesen sein. Allerdings sind der Bentley, den einst Joseph Beuys fuhr, und der 150 000 Euro teure Mercedes 300 Cabrio, den Albrecht einst aus Dank seinem Freund Achenbach schenkte, nicht darunter. Diese Wagen wurden wohl schon vorher verkauft. Gepfändet wurde aber auch Achenbachs Teil an der privaten Kunstsammlung «Rheingold».

Seit Dezember muss sich Achenbach in einem Strafprozess am Essener Landgericht wegen Betrugs verantworten. Er hat gestanden, Rechnungen für Albrecht eigenhändig manipuliert und Preise erhöht zu haben. Ihm drohen mehrere Jahre Haft.

Noch vor wenigen Jahren hatte Achenbach stolz seine Autobiographie «Der Kunstanstifter - vom Sammeln und Jagen» veröffentlicht. «Ich hatte immer das Ziel, das System transparenter zu machen», schreibt Achenbach darin. Richter Matz warf ihm in seiner Urteilsbegründung am Dienstag indes eine «völlig undurchsichtige Preisgestaltung» vor.

Achenbach denkt inzwischen an eine aktualisierte Auflage seiner Memoiren - mit einem kleinen Zusatz im Titel: «Vom Sammeln und Jagen und Gejagt werden». Dorothea Hülsmeier, dpa