TV-Tipp

Ist Kunst die neue Religion?

In einer neuen Folge fragt der Kulturpalast, ob Kunst die Religion ersetzen kann. Zu Gast im Studio ist der deutsch-britische Künstler Tino Sehgal, der vor allem durch seine performativen "Situationen" bekannt wurde

Was sonst macht man, wenn man an einem Sonntagvormittag zur inneren Ruhe und Einkehr finden will als ins Museum zu gehen? In unserer weitgehend aufgeklärten Gesellschaft hat die Kunst mittlerweile viele Aufgaben übernommen, die früher dem Gottesdienst vorbehalten waren. Dies spiegelt sich nicht zuletzt in der Architektur wieder: Heute werden die Museen - und nicht wie eins die Kathedralen - von renommierten Architekten als prestigeträchtigste Bauten angesehn. Die Liste von beeindruckenden Bauten aus der Feder von renommierten Architekten ist lang: Frank Gehrys Guggenheim-Museum in Bilbao, Zaha Hadids Maxxi in Rom oder die Berliner Neue Nationalgalerie von Mies van der Rohe.

An vielen Orten werden Kirchen sogar gleich in Galerien verwandelt, wie die St. Agnes-Kirche in Berlin, in der Galerist Johann König seine Galerie eingerichtet hat. Die katholische Kirche, die lange Zeit der wichtigste Mäzen für die großen Kunstwerke des Abendlandes war, hat auf diese Entwicklung reagiert: Seit der letzten Venedig-Biennale hat der Vatikan dort einen eigenen Pavillon.

Zu Gast im Kulturpalast ist der deutsch-britische Konzept- und Performancekünstler Tino Sehgal. Bekannt wurde er vor allem durch performativen Werke, auch "Situationen" genannt. Für sein Werk hat er ein striktes, fast biblisches Verbot auferlegt: Keine Werbung, keine Fotos. Den Besuchern seiner Inszenierungen vermittelt er so eine quasi-religiöse Erfahrung.  Auch die spanische Performerin Angelica Liddell setzt sich in ihren Stücken mit Relegion auseinander und beklagt die Brutalität der Abwesenheit Gottes: "Gott ist zwar tot, nicht aber die Notwendigkeit an ihn zu glauben". Beim Berliner Foreign Affairs Festival führte sie 2014 in der St. Agnes-Kirche ein Stück auf, dass sich mit Befreiungsritualen katholisch geprägter Frauen beschäftigte.