Nach Streit zwischen Danh Vo und Bert Kreuk

Künstler boykottieren Gemeentemuseum in Den Haag

Der Rechtsstreit zwischen dem Sammler Bert Kreuk und dem Künstler Danh Vo hat offenbar auch dem Ruf des Gemeentemuseums in Den Haag geschadet: Die Künstlerinnen Jutta Koether und Nairy Baghramian lehnen ihre Nominierung für den Vincent Award ab, auch Elmgreen & Dragset wollen nicht mit der Institution zusammenarbeiten

Der "Vincent Van Gogh Biennial Award for Contemporary Art in Europe" wird von der Broere Stiftung vergeben, ist mit 50 000 Euro dotiert und wird im Gemeentemuseum in Den Haag verliehen. Fünf Künstler sind 2016 dafür nominiert – doch nun haben zwei ihre Nominierung zurückgewiesen. Während Jutta Koethers New Yorker Galerie "persönliche Gründe" für den Rücktritt angab, begründet Nairy Baghramian ihren Verzicht mit der Verwicklung des Gemeentemuseums in den Rechtsstreit zwischen Danh Vo und Bert Kreuk.

Der dänisch-vietnamesische Künstler wurde 2015 verurteilt, ein neues Werk für den niederländischen Sammler anzufertigen. Ein Rotterdam Gericht gab Kreuk Recht, der behauptet, Danh Vo habe ihm eine große Installation versprochen, die eigens für eine von Kreuk kuratierte, mitfinanzierte und mit eigenen Sammlungsbeständen ausgestattete Schau im städtischen Gemeentemuseum hergestellt werden sollte. Vo habe nicht geliefert, und so sei es nötig gewesen, die Ausstellung neu zu arrangieren, hatte Kreuk argumentiert. Vo und seine damalige Galeristin Isabelle Bortolozzi bestritten die Vorwürfe. Vor Gericht sagten damals auch Mitarbeiter des Gemeentemuseums aus. Ende 2015 haben der Vo und Kreuk ihren Rechtsstreit außergerichtlich beigelegt.

Das Gemeentemuseum ist seit 2014 nicht nur Austragungsort der Preisverleihung des Vincent Awards, Museumsdirektor Benno Tempel fungiert auch als Vorsitzender der Jury. "Auch wenn der Vincent Award unabhängig vom Gemeentemuseum ist, wo alle Arbeiten der Nominierten ausgestellt werden, so muss ich doch die Verwicklung des Museums in den Rechtsstreit zwischen Danh Vo und Bert Kreuk hinterfragen", schrieb die in Berlin lebende Baghramian in ihrer Begründung an das Vincent-Award-Komitee und die Jury-Mitglieder.

Und weiter: "Bei meinen Einblicken in den Fall kann ich mit Sicherheit sagen, dass das Museum bei der privaten Konfrontation zweier Rechtsparteien keinen neutralen Stand bewahrte, sondern vielmehr eine aktive Rolle gegen den Künstler einnahm, den es eingeladen hatte und der in ihm ausgestellt hatte. Diese Situation ist sehr prekär. Ich fühle mich geschwächt in meiner Position als Künstlerin gegenüber institutioneller Repräsentation. Meinem Verständnis nach hätte das Museum als öffentliche Einrichtung unabhängig bleiben müssen – oder zumindest eine neutrale Haltung in dieser privaten Angelegenheit einnehmen müssen, wenn es sich schon nicht in der Position sah, für den eingeladenen Künstler einzustehen und ihn zu schützen."

Museumsmitarbeiter als Zeugen vor Gericht

Auf der Website des Vincent Awards nimmt das Gemeentemuseum zu den Vorwürfen Stellung: "Vor zwei Jahren gab es im Kontext unseres Museums unglücklicherweise einen Streit zwischen dem Künstler Danh Vo und dem Kunstsammler Bert Kreuk. Dieser führte zu einem Gerichtsverfahren. Das Museum wurde dabei zum Zeugen berufen. Vor Gericht beantwortete das Museum unter Eid Fragen des Richters und der Rechtsanwälte beider Parteien. Das Gemeentemuseum Den Haag war aber selbst nie Partei in diesem Rechtsstreit. Nichtsdestotrotz hat Nairy Baghramian die Nominierung für den Vincent Award abgelehnt und dies mit der Verwicklung in den Streit begründet. Die internationale Jury, das Gemeentemuseum und die Broere Stiftung waren über Nairy Baghramians Nominierung sehr erfreut und bedauern ihren Rücktritt – insbesondere weil der Vincent Award Künstlern eine freie künstlerische Entwicklung erlauben soll und reflektiert, wie sehr Europa die Kunst schätzt. Der Gewinner darf die 50.000 Euro Preisgeld ausgeben, wie es ihm beliebt."

Die Shortlist kann momentan auf der Website des Awards nicht eingesehen werden, doch sind die restlichen drei Nominierungen noch im Rennen: Die holländische Künstlerin Manon de Boer, das portugiesische Duo João Maria Gusmão + Pedro Paiva und die Gruppe Slavs and Tatars aus Berlin.

"Es ist unfair, dass sich jetzt das Museum verteidigen muss"

Bert Kreuk äußerte sich zum Boykott gegenüber Monopol mit folgenden Worten: "Das sieht sehr nach einer abgesprochenen und koordinierten Kampagne aus, um die unabhängige Institution öffentlich an den Pranger zu stellen. Mein Prozess, den ich bin allen Anklagepunkten gewonnen habe, wurde geführt um das Prinzip, dass jeder zu seinen Zusagen stehen muss, auch Vo." Und weiter: "Es ist unfair, dass sich jetzt das Museum verteidigen muss, obwohl es doch keine Partei im Gerichtsprozess war. Sie wurden als Zeugen von Gericht berufen, auch von den Anwälten von Danh Vo! Es ist wirklich bizarr, dass Vo niemals selbst unter Eid ausgesagt hat."

Ein Mitarbeiter des Gemeentemuseums sagte dem amerikanischen Kunstblog "Hyperallergic", dass das Museum gegenwärtig noch mit der Jury und dem Organisationskomitee darüber diskutiert, wie im Nominierungsprozess weiter verfahren werden soll. Noch wurden keine endgültigen Entscheidungen gefällt. Ein Gewinner soll aber am 17. November 2016 bekannt gegeben werden.

"Das Museum ist in privater Hand"

Auch das dänisch-norwegische Künstlerduo Elmgreen & Dragset lehnte eine Einladung des Museums zu einer Zusammenarbeit ab. "Das Museum ist in privater Hand", sagte Michael Elmgreen artnet News. "Es hat mich ungefähr 30 Sekunden gekostet, mich zu entscheiden. In einem Land wie Holland, in dem viel öffentliche Förderug existiert, gibt es für so etwas keinen Grund. Gerade hier ist es Wahnsinn für ein Museum, von privaten Interessen abhängig zu sein. Wenn sie Interessen von Sammlern gegen Künstler vertreten, habe ich kein Interesse daran, mit ihnen zu arbeiten. Es ist sowieso merkwürdig, wenn eine öffentliche Institution hilft, den Wert einer privaten Sammlung zu steigen."