Sampling

Kopierter Kraftwerk-Beat könnte auch noch den EuGH beschäftigen

Seit knapp 20 Jahren streitet der Produzent Moses Pelham mit der Elektropop-Band Kraftwerk um einen Zwei-Sekunden-Rhythmus. Höchste Gerichte haben schon geurteilt. Aber die Sache ist vertrackt

Der lange Streit zwischen dem Komponisten und Produzenten Moses Pelham und den Elektropop-Pionieren Kraftwerk um einen Beat von zwei Sekunden beschäftigt möglicherweise auch noch den Europäischen Gerichtshof (EuGH). In der mittlerweile dritten Verhandlung des Bundesgerichtshofs (BGH) dazu deutete sich am Donnerstag an, dass die Karlsruher Richter den Fall wahrscheinlich in Luxemburg vorlegen. Der Vorsitzende Richter Wolfgang Büscher warf zumindest eine ganze Reihe europarechtlicher Fragen auf.

Gewissheit gibt es aber erst am 1. Juni. Dann will der zuständige Senat seine Entscheidung verkünden. Mit einer Vorlage würde ein abschließendes Urteil in weite Ferne rücken. (Az. I ZR 115/16)

Der Streit beschäftigt die Gerichte schon seit fast zwei Jahrzehnten. 1997 hatte Pelham den Rhythmus aus dem Kraftwerk-Titel "Metall auf Metall" von 1977 kopiert und in Endlosschleife unter den Song "Nur mir" mit der Rapperin Sabrina Setlur gelegt. So eine Interpretation in neuem Kontext nennt man Sampling. Sie ist in Rap und Hip-Hop gängig. Um Erlaubnis fragte Pelham nicht. Kraftwerk-Mitbegründer Ralf Hütter sieht sich deshalb um seinen Beat bestohlen und hat geklagt.

2012 hatte der BGH eigentlich rechtskräftig entschieden, dass der Setlur-Song nicht mehr verbreitet werden darf. Dieses Urteil kippte das Bundesverfassungsgericht aber nach einer Beschwerde Pelhams vor knapp einem Jahr: Ein generelles Verbot von Sampling ohne Erlaubnis greife zu stark in die Kunstfreiheit ein, stellten die Richter klar.

Nun müssen die obersten Zivilrichter des BGH auf dieser Grundlage zu einer neuen Entscheidung kommen. Die Verfassungsrichter haben ihnen dabei ausdrücklich die Wahl gelassen, ob das direkt durch ein eigenes Urteil oder erst nach Vorlage in Luxemburg passiert. Die Verhandlung hinterließ den Eindruck, dass der Senat eher den zweiten Weg geht.

Für Pelham appellierte BGH-Anwalt Matthias Siegmann an die Richter, den langen Prozess endlich zu einem Abschluss zu bringen. Nach deutschem Recht sei der Fall entscheidungsreif. Sein Kollege Peter Wassermann aufseiten von Kraftwerk argumentierte dagegen, so klar sei die Sache nach dem Verfassungsgerichtsurteil nicht. Es sei nun notwendig, sich den europarechtlichen Fragen zuzuwenden.