Ralf Beil im Interview

Museumsdirektor sieht kein Projekt durch VW-Affäre gefährdet

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Der neue Direktor des Wolfsburger Kunstmuseums, Ralf Beil

Das Kunstmuseum Wolfsburg ist ein kultureller Leuchtturm. Es wurde mit Unterstützung der Volkswagen AG gegründet, ist aber unabhängig. Direktor Ralf Beil beobachtet angesichts des Dieselskandals eine "Jetzt erst recht!"-Mentalität in der Stadt

Volkswagen ist ein großer Förderer der Kultur. Ob der Autokonzern an diesem Engagement auch nach dem Skandal um manipulierte Abgaswerte in vollem Umfang festhält, steht derzeit mit auf dem Prüfstand. Als der Direktor des Kunstmuseums Wolfsburg, Ralf Beil, vor ein paar Tagen in Tokio Japanern erzählte, er arbeite in Wolfsburg, hätten diese sogleich von der "City of Liars" gesprochen, der "Stadt der Lügner", erzählt der 50-Jährige. Die Reichweite des Skandals sei global. "Wir werden wohl noch eine Weile mit nicht gerechtfertigter Sippenhaft von Ortsunkundigen leben müssen", sagt er. All das gefährde aber derzeit kein Projekt des Kunstmuseums Wolfsburg, betont Beil.

Hat die Dieselaffäre irgendeine Auswirkung auf Ihr Haus? Die Stadt Wolfsburg hat eine Haushaltssperre verhängt.
Die Stadt Wolfsburg hatte tatsächlich vor, meine erste programmatische Ausstellung "Wolfsburg Unlimited. Eine Stadt als Weltlabor" im Frühjahr/Sommer 2016 intensiv zu unterstützen. Das ist nun nach den so nicht vorhersehbaren Ereignissen nicht mehr denkbar - in einer Situation, in der meine Kolleginnen und Kollegen in den städtischen Häusern wahrscheinlich in ganz anderem Maße den Gürtel enger schnallen müssen.

Haben Sie die Befürchtung, dass Sie in Zukunft nicht mehr so hochkarätige Ausstellungen nach Wolfsburg holen können?
Wir sind ein inhaltlich unabhängiges Kunstmuseum, das in einer erfolgreichen Partnerschaft von der in München beheimateten Holler-Stiftung sowie der Stadt Wolfsburg und der Volkswagen AG begründet wurde, und dies ist bis heute gültig. Das Kunstmuseum Wolfsburg ist dank seiner Bindung an die gänzlich eigenständige Holler-Stiftung als kulturelles Flaggschiff von Stadt und Region auch in stürmischen Zeiten stabil und sicher unterwegs.

Sie persönlich sind noch nicht so lange in Wolfsburg. Wie beurteilen Sie die Stimmung in der Stadt seit Bekanntwerden der Tricksereien im VW-Werk und ihrer finanziellen Folgen?
Ich war zuletzt viel unterwegs für das Museum, habe mir aber sagen lassen, dass die Stadt und ihre Bewohner im Gegensatz zu vorherigen Krisen vergleichsweise gefasst auf die Entwicklungen reagieren und bislang eher eine "Jetzt erst recht!"-Mentalität vorherrscht.

ZUR PERSON: Ralf Beil studierte Kunstgeschichte, Germanistik und Philosophie und war Ausstellungskurator in Bern und Lausanne. Zudem leitete er das Institut Mathildenhöhe Darmstadt. Seit Februar ist der 50-Jährige Direktor des Kunstmuseums Wolfsburg.