Elmgreen & Dragset: "Biography"

Muskelmänner und Museen

Mitte der 90er fing alles an: Michael Elmgreen und Ingar Dragset lernten sich in einer Schwulenbar kennen und verbrachten die Nacht miteinander, ein Jahr später begannen sie ihre Zusammenarbeit. Inzwischen sind die beiden nur noch ein Künstlerpaar, aber damit überaus erfolgreich. Die Geschichte ist wohlbekannt. Wer trotzdem nichts davon weiß, dem hilft auch die "Biography", die eben bei Hatje Cantz erschienen ist, nicht weiter. Auf begleitende Texte wird in dem Fotoband verzichtet, auf Chronologie ebenfalls.

Der blonde Junge auf dem Cover könnte Elmgreen sein, eine Ähnlichkeit ist da. Ansonsten sind Kinderbilder der Künstler nur spärlich über die 640 Seiten des Buchs verteilt, das Gros entstammt den Zeiten der gemeinsamen Karriere. Mit ihrer biologischen Verwandtschaft haben beide ohnehin wenig bis gar nichts zu tun. Elmgreen zum Beispiel verließ mit 16 seine Eltern in Dänemark und soll sie seitdem nicht wiedergesehen haben. Die Aufnahmen erzählen stattdessen viel von der nomadischen Existenz des Duos und seiner Familie aus Freunden, Assistenten, Lebensgefährten, Liebhabern.

Private, sogar intime Momente sind untrennbar verflochten mit Bildern aus der Produktion, dem Aufbau und der Laufzeit von Ausstellungen. Man begegnet dem legendären toten Sammler im Pool  bei der Venedig-Biennale von 2009 wieder, außerdem tauchen der Wunschbrunnen zur ersten Berlin Biennale 1998, das Berliner Homosexuellendenkmal, die in Karlsruhe und Rotterdam gezeigte Wohnblockinstallation, der "Golden Boy" auf dem Schaukelpferd am Londoner Trafalgar Square oder die simulierte Prada-Filiale im texanischen Marfa auf. Diese Hauptwerke werden in freier Assoziation verknüpft mit pinkelnden Cowboys in der Wüste, Hotelbett- und Partyszenen, Urlaubsansichten, Schwulendemos, Selfies und ausgewählten Genitalien – groß dimensionierten (aus Fleisch und Blut) und normal großen (aus Marmor).

Abgesehen von einer Putzhilfe, die sich ihren Weg durch eine Horde halb nackter, gut gebauter Männer bahnt, sowie der britischen Schauspielerin Joanna Lumley – sie enthüllte die Knabenskulptur in London – ist es eine Welt ohne Frauen. Alles ex­trem subjektiv: wie es sich für eine aussagekräftige Biografie gehört. 

Elmgreen & Dragset: "Biography", Hatje Cantz, 640 Seiten, 50 Euro