Kunstmesse Abu Dhabi Art

Nichts wie rein ins Guggenheim!

Noch existiert es nur als Modell und Computeranimation: Das Guggenheim Abu Dhabi. 2017 soll der spektakuläre, von arabischen Windtürmen inspirierte Bau Frank Gehrys nach aktuellem Planungsstand fertig werden - und dann der größte Guggenheim-Ableger der Welt sein. Doch auch, wenn das Museum selbst noch nicht steht: Der Aufbau der Sammlung läuft bereits jetzt auf Hochtouren - ebenso wie für den Louvre Abu Dhabi, der Ende kommenden Jahres eröffnen soll.

Mit ehrgeizigen Museumsprojekten will Abu Dhabi sich zu einem der führenden Kulturstandorte des 21. Jahrhunderts aufschwingen. Neben dem Louvre und dem Guggenheim sind in der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate ein Nationalmuseum und ein Zentrum für Performance-Kunst geplant. Die Galerie der NYU Abu Dhabi hat am 1. November ihren Betrieb aufgenommen. Es gibt wohl kaum einen Ort auf der Welt, an dem gerade so ehrgeizig in bildende Kunst investiert wird.

Kein Wunder also, dass die sechste Ausgabe der Kunstmesse Abu Dhabi Art sich um Aussteller nicht zu sorgen brauchte: Über 100 Bewerbungen gingen auf die 50 Kojenplätze ein, unter den teilnehmenden Galerien, die vor allem ornamentale und abstrakte Kunst zeigten, befanden sich viele Wiederkehrer: Rund 85 Prozent von ihnen waren nach Angaben der Messe schon mindestens einmal auf der Abu Dhabi Art vertreten.

„Hier entstehen gerade mehrere Museen für das 21. Jahrhundert. Diese unglaubliche Vision, die Abu Dhabi mit dem Louvre und dem Guggenheim Abu Dhabi hat, ist für uns natürlich sehr interessant“, so Florian Berktold, Executive Director bei Hauser & Wirth. Die Galerie nimmt seit 2009 an der Abu Dhabi Art teil und hat bereits das geschafft, worauf viele Aussteller auf der Messe hoffen: Sie konnte in den vergangenen Jahren an die neue Guggenheim-Sammlung verkaufen. Mit „Redemption is not the only reason to look upon the sky“ hat Hauser & Wirth ein Werk der Inderin Bharti Kher im Bestand des Museums platziert: Vier riesige zerbrochene Spiegel, auf denen tausende runde und schlangenförmige Bindis wie Sternenwirbel angeordnet sind.

In diesem Jahr zeigte die Galerie unter anderem Arbeiten von Isa Genzken, Pippilotti Rist, Martin Creed und Roni Horn - und sendete außerhalb der Koje einen unübersehbaren Gruß an den Louvre-Ableger. Draußen am Messeeingang hatte man eine riesige Bronze-Plastik des Künstlers Subodh Gupta aufstellen lassen: „Et tu, Duchamp?“ lautet der Titel seiner monumentalen Mona-Lisa-Büste, die den rund 20.000 Besuchern vor dem Ausstellungszentrum Manarat Al Saadiyat schnurrbärtig entgegen lächelte.

Auffallen mit „La Gioconda“: Auf diese Strategie schien ebenso die Park Ryu Sook Gallery aus Soul zu setzen. Sie stellte das knapp sechsminütige Video „Ruined Mona Lisa“ des südkoreanischen Künstlers Lee Lee Nam aus, welcher das berühmte Gemälde nach und nach unter Blumenbomben verschwinden lässt.

Auch die in London und Hong Kong ansässige Simon Lee Galerie war zum wiederholten Mal auf der Abu Dhabi Art präsent. „Man spürt, dass die Regierung hier es als ihre Verpflichtung ansieht, ein Kunstangebot aufzubauen und Kultur einen sehr hohen Stellenwert einräumt“, findet Direktor Nicholas Baker. Ebenso wie Hauser & Wirth kam er in den Vorjahren mit der Guggenheim-Sammlung ins Geschäft: Die in Berlin und London lebende Künstlerin Angela Bulloch ist dort mit „6 Chains. Permutation B“ vertreten, einer großen Installation aus 21 farbigen Lichtboxen. In diesem Jahr stellte die Galerie erneut eine Arbeit der gebürtigen Kanadierin aus, des weiteren Erasure-Paintings von Gary Simmons und Pixel-Bildern von Sherrie Levine.

Zu den wenigen Neuzugängen der diesjährigen Messe gehörte neben der Berliner Galerie Arndt, die Skulpturen des Belgiers Wim Delvoye präsentierte, die New Yorker Galerie Taymour Grahne. Sie besteht erst seit 2013 und konnte sich erfolgreich um den Platz der Kategorie „Bidaya“ (Anfang) bewerben, mit welcher die Messe einen Teilnehmer zulässt, der weniger als drei Jahre auf dem Markt ist. „Abu Dhabi und Dubai werden gerade zu Big Playern auf dem Kunstmarkt“, ist Grahne überzeugt, der selbst seit Jahren Kunst aus dem arabischen Raum sammelt. „Es ist spannend, ein Teil dieses Prozesses zu sein.“

In seiner Koje stellte er drei Positionen aus seinem Programm vor: Der in Paris lebende Algerier Fayçal Baghriche war mit der Installation „Feikô“ vertreten, der Nachbildung einer Rettungsdecke aus puren Gold. Daneben wurden Bilder des palästinesisch-stämmigen Fotografen Tarek Al-Ghoussein und Gemälde des Iraners Nicky Nodjoumi gezeigt, die stilistisch auffällig an Neo Rauch erinnerten. „Er ist ein großer Bewunderer seiner Arbeiten“, hieß es von einer Galerie-Mitarbeiterin.

Taymour Grahnes Auftritt war typisch für viele Aussteller auf der diesjährigen Abu Dhabi Art: Westliche Galerie, östliche Künstler, so schien das Erfolgsrezept. Mehr als die Hälfte der knapp 50 Aussteller kamen aus Europa und den USA. „Wir können beobachten, dass immer mehr westliche Galerien Künstler aus dem islamischen Raum in ihr Programm aufnehmen“, bestätigte auch Alanood Al Hamid von der Kultur- und Tourismusbehörde Abu Dhabi.

Galerien aus den Emiraten selbst waren auf der Messe eher schwach vertreten: Aus Dubai waren mit der Ayyam Gallery, der Galerie Isabelle van den Ende, der Meer Gallery und der XVA Gallery vier Aussteller dabei, die 1994 gegründete Salwa Zeidan Gallery stellte den einzige Teilnehmer aus Abu Dhabi. Der Kunstmarkt in der Hauptstadt der Emirate stehe noch ganz am Anfang, so Alanood Al Hamid.

Das gilt auch für die Sammlerszene vor Ort - sie wächst erst allmählich und so waren es neben den Museen vor allem Geschäftsleute aus dem Ausland, die den Ausstellern Umsätze bescherten. „Viele internationale Sammler sind beruflich hier in der Region und schauen auf der Messe vorbei weil sie so klein und überschaubar ist“, erzählte Elena Bortolotti, Direktorin der Galerie Thaddaeus Ropac, die unter anderem Bilder von Alex Katz präsentierte. „Wir haben zum Beispiel an nordamerikanische Sammler verkauft, die gerade in Dubai sind.“ Dass man die Abu Dhabi Art im Gegensatz zu großen Messen wie der Art Basel / Miami Beach bequem an einem Nachmittag schaffen könne, sei für viele ein Pluspunkt.

Ihre Boutique-Atmosphäre wolle die Messe auch in Zukunft beibehalten, so Alanood Al Hamid. „Das ist es auch, was uns von der Art Dubai unterscheidet.“