Frank Stella in New York

Schluss mit den Farborgien

In New York zeigt Frank Stella was jenseits der Streifen liegt

Abstraktion, hat Frank Stella einmal gesagt, sei Teil unserer Existenz und des intellektuellen Bewusstseins. Und Stella ist ein unverzichtbarer Teil der Abstraktion des 20. Jahrhunderts: Er hat sie geprägt, verändert, immer wieder neu erfunden. 1959 versetzte der in Massachusetts geborene Amerikaner mit gerade mal 23 Jahren dem abstrakten Expressionismus einen Schlag, indem er die Leinwand mit symmetrischen schwarzen Streifenmustern überzog. Schluss mit den Farborgien, die Geometrie war zurück.

Bald musste die Form des Tafelbildes an sich dran glauben: Rechteck war gestern, bei den "Shaped Canvases", die Stella ab Anfang der 60er-Jahre schuf, richtete sich die Form des Bildes nach dem Motiv, nicht umgekehrt. Der nächste Schritt ging ins Dreidimensionale, Stella collagierte, integrierte verschiedenste Materialien in die Bilder. "Malerei möchte nicht durch die Grenzen von Kante und Oberfläche beschränkt werden", so seine Überzeugung. In jüngerer Zeit arbeitet der Künstler, der seit Langem in New York lebt, bei seinen immer komplexer werdenden Bildern und Skulpturen mit computergenerierten Grafiken und Modellen.

Seit unglaublichen sechs Jahrzehnten ist Frank Stella produktiv, und dabei ein Meister der großen Formate. Wenn ihm das New Yorker Whitney Museum nun eine große Retrospektive ausrichtet, die erste in den USA seit 1987, wird es also darauf ankommen, aus der Vielfalt eine Auswahl zu treffen, die Stellas Werk gerecht wird – und zwar am besten nicht nur den frühen Klassikern, sondern auch den Nebenwegen seiner Karriere, wie der abgedrehten psychedelischen Phase der 70er und der Bonbon-Postmoderne der 80er. Für seine neuesten Arbeiten, die in New York zu sehen sein werden, beschäftigte er sich mit den barocken Kompositionen Domenico Scarlattis. Frank Stella ist trotz früher Streifenliebe nie ein strenger Modernist gewesen, er war auch immer für eine durchgedrehte Volte gut. Was den fast 80-Jährigen umso sympathischer macht.