Kandidaten-Ausstellung

Türspione und Babywippen

In Bremen ist beim Kunstpreis der Böttcherstraße für Nachwuchskünstler alles möglich

Wolfgang Tillmans, Tino Sehgal und Ulla von Brandenburg haben ihn bereits. Zehn jüngere, zwischen 1975 und 1984 geborene Künstler bewerben sich jetzt um ihn. Der alle zwei Jahre vergebene Kunstpreis der Böttcherstraße wird in diesem Jahr zum 45. Mal verliehen. Dotiert mit 30.000 Euro, zählt er zu den begehrtesten Auszeichnungen für Nachwuchskünstler im deutschsprachigen Raum. Für die Bewerberausstellung in der Kunsthalle Bremen durften zehn Kuratoren, darunter Susanne Pfeffer, Hans Ulrich Obrist und Johan Holten, ihre Favoriten nominieren. Eine fünfköpfige Jury, der unter anderem Documenta-Leiter Adam Szymczyk angehört, legt demnächst den Preisträger fest.

Der Verlust des Privaten, Bilder, die auf Reisen entstehen, astronomische Erkundungen, Kindheitserinnerungen, Migration, technologisch fragwürdige Errungenschaften – dies sind nur einige Themen, die die Nominierten aufgreifen. Julius von Bismarck hat in Mexiko Landschaften von Tagelöhnern weiß ansprühen und anschließend wieder in Naturfarben bemalen lassen. Seine großformatigen Landschaftsfotografien entlarven dieses Täuschungsmanöver kaum und lassen den Betrachter in eine Wahrnehmungsfalle tappen. Erst ein Making-of-Video am Ende des Parcours sorgt für Aufklärung. Das Künstlerinnenduo Fort hat acht mit Türspionen versehene Wohnungstüren in einer hausflurartigen Situation aufgebaut und provoziert so Fragen nach Privatheit, Überwachung und Anonymität. Das schweizerische Duo Taiyo Onorato & Nico Krebs hingegen präsentiert melancholisch aufgeladene schwarz-weiße Reisefotografien, die während einer langen Autotour von Zürich in die Mongolei entstanden. Katja Novitskova zeigt elektrische Babywippen, die sie so modifiziert hat, dass sie wie obskure Props aus einem Science-Fiction-Film wirken.

Digitale Metamorphosen kultureller Versatzstücke dann im Trickfilm von Oliver Laric, autobiografische Erinnerungsarbeit angesichts des aktuellen Flüchtlingselends bei der in der DDR aufgewachsenen Franka Kaßner. Dazu kommen noch subtile Wahrnehmungsexperimente bei Pauline M’barek oder eine kinetische Rauminstallation rund um die Themen Migration und Essen von Emeka Ogboh. Sicher ist: Man kann diese Generation nicht in eine Schublade stecken.