Goshka Macuga in Mailand

Wir werden Roboter

In der Mailänder Fondazione Prada stellt Goshka Macuga die Endzeitfrage

Glaubt man dem US-amerikanischen Autor und Singularitätstheoretiker Ray Kurzweil, dann werden wir dank des technischen Fortschritts im Jahr 2045 die Grenzen unseres biologischen Daseins überschreiten können und damit das Zeitalter der Mensch-Maschinen-Zivilisation einleiten. Schon oft haben Künstler versucht, die Folgen einer solchen Entwicklung durchzuspielen, jüngst finden vor allem Filme (Alex Garlands "Ex Machina") und Serien ("Real Humans") zu diesem Thema großen Anklang.

Goshka Macugas Schau "To the Son of Man Who Ate the Scroll" in der Fondazione Prada in Mailand zeigt, dass sich derartige Endzeitszenarien auch im Kontext zeitgenössischer Kunstpraxis thematisieren lassen. Das Spektrum der ausgestellten Werke in dem von Rem Koolhaas entworfenen Privatmuseum reicht von eigenen Arbeiten und von Maschinen angefertigten Zeichnungen bis hin zu mesopotamischen Artefakten aus dem 23. Jahrhundert vor Christus. Eine Bandbreite, die typisch ist für Macugas Arbeitsweise, denn die in Polen geborene Künstlerin tritt oft auch als Archivarin, Kuratorin und Geschichtenerzählerin in Erscheinung.

In der Fondazione Prada entwirft Macuga einen komplexen Kosmos mit geometrischen Werken, darunter James Lee Byars' "The Golden Sphere" oder Alberto Giacomettis "Cubo". Im Zentrum sitzt ein lebensechter Roboter, der Auszüge aus Reden von Philosophen, Künstlern und Wissenschaftlern zitiert. Deren Gedanken verdichten sich zu einer fundamentalen Frage: Welche Relevanz hat das Wissen über die Natur und Existenz des Menschen, wenn wir erst einmal den Punkt eines posthumanen Daseins erreicht haben?

In einem weiteren Raum der Ausstellung deutet eine Skulptur aus 73 Bronzeköpfen von historischen und zeitgenössischen Figuren eine Antwort an. Die Köpfe sind durch Metallstangen verbunden, die in ihrer molekularartigen Struktur die Verwurzelung des Wissens in unserer DNA suggerieren. Auch die computergesteuerte Zukunft stützt sich demnach auf die Vergangenheit. So besteht Hoffnung, dass selbst in der posthumanen Welt die menschliche Perspektive ihre Gültigkeit behält.