Berlin Art Week

Wohin am Dienstag?

Foto: Berlinische Galerie
Foto: Berlinische Galerie

Architekt Arno Brandlhuber geht es in der Berlinischen Galerie um einen neuen Blick auf die Nachwende-Architektur Berlins

Heute Abend beginnt offiziell die Berlin Art Week mit der Eröffnung der Ausstellungen der Institutionen. Ein Überblick

"Stadt/Bild"
Erneut haben sich vier renommierte Kunstinstitutionen der Stadt zu einem Kooperationsprojekt zusammengeschlossen. Unter dem Motto "Stadt/Bild" setzen sie sich mit der Zukunft großer Metropolen und urbaner Ballungsräume auseinander. So geht es in der Berlinischen Galerie um einen neuen Blick auf die Nachwende-Architektur der Stadt: Architekt Arno Brandlhuber (* 1964) wehrt sich gegen eine Politik der historisierenden Architektur genauso wie gegen hochpreisige Neubauten, wie sie sich besonders in den letzten Jahren in Berlin etabliert haben. Brandlhuber baut außergewöhnliche, günstige Gebäude zum Beispiel in Bauruinen hinein, wie es kaum dem Massengeschmack entspricht. Er besetzt so sprichwörtlich die Lücken im System. Für die erste große Ausstellungshalle der Berlinischen Galerie erhält Brandlhuber eine "Carte blanche2. In der 40 Meter langen und zehn Meter hohen Halle hat er gemeinsam mit Thomas Mayfried und Florian Hertweck eine Architektur entwickelt, die kritisch die Institution "Museum", ihre Ausstellungsgegebenheiten und Zwänge reflektiert. Die Kunsthalle der Deutschen Bank verwandelt sich ein Labyrinth der Wahrnehmungen und die Kunstwerke (KW) interpretieren den Dschungel als Gegenentwurf zum kontrollierten Stadtraum. Die Neue Nationalgalerie schließlich lässt zur Eröffnung das Eisblock-Happening des US-Künstlers und Happening-Erfinders Allan Kaprow von 1967 wieder aufleben. Ein Interview mit Udo Kittelmann, dem Direktor der Nationalgalerie, zu Kaprow finden Sie im Art-Week-Sonderheft, das der Septemberausgabe von Monopol beiliegt.
Eröffnungen: 18 bis 21 Uhr

Berlin ehrt den Galeristen und Kuratoren René Block
Ein Leben, ja bloß ein paar Tage ohne Kunst – die Vorstellung muss schon für den jungen René Block unerträglich gewesen sein. Anfang der 70er bittet der Galerist Künstler um einen Beitrag zu einem "Weekend-Koffer", basierend auf der Idee, "auf Geschäfts- oder Ferienreisen einen zusätzlichen Koffer mitzunehmen, der eine Auswahl an Kunstwerken enthielt, mit denen man sich im Hotelzimmer oder im Wochenendhaus würde umgeben können". KP Brehmer, KH Hödicke, Peter Hutchinson, Arthur Køpcke, Sigmar Polke und Wolf Vostell liefern tragbare Grafiken, nur Joseph Beuys nörgelt im rheinischen Tonfall: "Ich kenne kein Weekend." Doch auch die Absage wird zur Ansage: Der Künstler versieht eine Reclam-Ausgabe von Kants "Kritik der reinen Vernunft" mit dem Stempelaufdruck: "BEUYS: ich kenne kein Weekend" und kombiniert sie mit einer handelsüblichen Maggi-Flasche zum Multiple. "René Block hat eine einzigartige Geschichte des Aufspürens, Zeigens, Sammelns und Ausstellens moderner Kunst geschrieben", konstatieren der Neue Berliner Kunstverein und die Berlinische Galerie, die dem 73-Jährigen jetzt eine Retrospektive ausrichten. Zu sehen sind Lieblingsstücke aus seiner kuratorischen Arbeit und Dokumente aus seinem Archiv. Schon als 22-Jähriger bereitet Block der jüngeren Kunstgeschichte den Weg: 1964 eröffnet er in Westberlin seine Galerie mit der Schau "Neodada, Pop, Décollage, Kapitalistischer Realismus", in der er damals unbekannte Künstler wie Beuys, Vostell, Nam June Paik, Sigmar Polke oder Gerhard Richter präsentiert. Und auch in den vielen kuratorischen Projekten der Folgejahre zeigt er sich als Entdecker: beim DAAD und dem Institut für Auslandsbeziehungen (Ifa) sowie als Leiter des Museums Fridericianum in Kassel, des Berliner Kunstraums Tanas und zahlreicher Biennalen von Istanbul bis Sydney. Immer mit dabei: ein Koffer voller Kunst.
„Ich kenne kein Weekend. Archiv und Sammlung René Block“, Neuer Berliner Kunstverein,
16. September bis 24. Januar 2016; Berlinische Galerie, 15. September 2015 bis 15. Februar 2016, Eröffnungen: 18 bis 22 Uhr


Gustav Metzger
1926 als Sohn orthodoxer Juden in Nürnberg geboren, gelangte Gustav Metzger 1939 mit einem Kindertransport nach London, während seine Eltern im Holocaust ermordet wurden. „Im Laufe meines Lebens habe ich versucht, etwas gegen den Missbrauch von Autorität zu tun“, sagte der Künstler, der in den 60ern zum Protagonisten der Auto-Destructive Art wurde. Metzger charakterisierte diese Kunstrichtung als "letzte verzweifelte subversive und politische Waffe in der Hand von Künstlern". In seiner Soloschau im Neuen Berliner Kunstverein präsentiert Metzger die Installation "Mass Media – Today and Yesterday", die er seit 1972 immer wieder aktualisiert hat: Auf Paletten liegen stapelweise Tageszeitungen. Die Besucher dieses partizipativen Werks sind angehalten, aus den Zeitungen Bilder und Artikel auszuschneiden, die sie mit dem Thema Ausrottung assoziieren.
Neuer Berliner Kunstverein, bis 22. Januar 2016, Eröffnung ab 18 Uhr

Gruppenausstellung "Love"
Vielbesungen, vielbeschrieben und doch niemals wirklich eingefangen: Liebe. Diese Gruppenausstellung "Love" umkreist das Gefühl erneut, mit Arbeiten von Hans-Peter Feldmann, Lothar Hempel, Gregor Hildebrandt, Leigh Ledare, Bernhard Martin, Anselm Reyle und Heimo Zobernig.
Nymphius Projekte, Eröffnung 18 bis 21 Uhr

Toshihiko Mitsuya und June14
Ein Garten aus Aluminium: Der japanische Künstler Toshihiko Mitsuya und die Arhcitekten des Büros Jue14,  Johanna Meyer-Grohbrügge aund Sam Chermayeff, haben in der Mohrenstraße in Berlin-Mitte gemeinsam eine Installation aus 180 Papierblumen aus Silberfolie geschaffen.
Studio Picknick, Eröffnung 18 bis 21 Uhr

Gruppenausstellung "Redemption Jokes"
Kennen Sie den: Kommt ein Künstler in eine Bar ... Dass Witze ein revolutionäres Potential haben, weiß jeder, der in einem Unrechtsstaat aufgewachsen ist. In der Neues Gesellschaft für Bildenden Kunst untersucht die Ausstellung "Redemption Jokes" die Verbindung von Humor und Kritik in der zeitgenössischen Kunst. Mit dabei unter anderem Amit Epstein, Donna Kukama, Bjørn Melhus und Falke Pisano.
Neue Gesellschaft für Bildende Kunst (NGBK), Eröffnung ab 18 Uhr