Tipps und Termine

Wohin am Wochenende?

Eröffnungen der Woche: Tipps für Berlin, Bremen, Düsseldorf, Emden, Frankfurt, Hamburg, Karlsruhe, Paris und Wien

"Jaguars and Electric Eels" in Berlin
"Natur und Kunst, sie scheinen sich zu fliehen" dichtete Goethe, räumte aber ein, sie hätten sich "eh' man es denkt, gefunden". Heute wirkt das leicht untertrieben. Die Julia Stoschek Collection in Berlin will Natürlichkeit und Künstlichkeit gar nicht mehr getrennt betrachten. "Jaguars and Electric Eels", der Titel der Gruppenschau über eine (mediale) Wirklichkeit, in der die Sphären verschmelzen, stammt von einem Amerika-Reisebericht von Alexander von Humboldt. Die 38 Werke von 28 Künstlern der Stoschek-Schau kreisen um die Suche nach einem evolutionären Ursprung, um Fragen zur Indigenität oder hybride und synthetische Lebensformen. Mit dabei: Doug Aitken, Trisha Donnelly, Cyprien Gaillard und Anicka Yi.
"Jaguars and Electric Eels", Julia Stoschek Collection Berlin, 5. Februar bis Herbst 2017, Eröffnung: 4. Februar ab 18 Uhr

Transmediale in Berlin
Flüchtig, schwer fassbar und trügerisch - wo verlaufen die Grenzen zwischen dem Menschen und den ihn umgebenden technologischen Entwicklungen? Zum 30. Geburtstag lotet das internationale Medienkunst-Festival Transmediale unter dem Motto "ever elusive" die Position der Menschen zwischen lernenden Maschinen, künstlicher Intelligenz und smarten Infrastrukturen aus. Internationale Künstler zeigen dabei ihre Sicht einer neu verorteten Subjektivität. Das Programm im frisch sanierten Haus der Kulturen der Welt umfasst rund 50 Veranstaltungen, darunter Workshops und Performances. Das Partnerprogramm der diesjährigen Transmediale läuft bereits seit dem 20. Januar. In zahlreichen Berliner Projekträumen und Galerien ist es noch bis zum 5. März zu sehen. Ebenfalls am Mittwoch öffnet im Haus der Kulturen der Welt die Sonderausstellung "alien matter", die die neue Beziehung zwischen Mensch und Maschine thematisiert. 30 Künstler wollen mit ihren ausgestellten Arbeiten zeigen, wie sich das Machtgefüge zwischen passiven Objekten und aktiven Subjekten durch die Lernfähigkeit der Maschinen und der Vernetzung verschiebt. Die Transmediale ist ein Gemeinschaftsprojekt der Kulturprojekte Berlin GmbH und dem Haus der Kulturen der Welt und wirf seit 2004 von der Kulturstiftung des Bundes gefördert. Die Sonderausstellung "alien matter" der Kuratorin Inke Arns wurde von der Lotto-Stiftung Berlin mitfinanziert. (dpa)
Transmediale, Haus der Kulturen der Welt (HKW) und andere Orte, Berlin, bis 5. Februar

Kunst aus Finnland in Bremen
Einen Einblick in die aktuelle finnische Kunstszene will die Bremer Weserburg mit der Ausstellung "Dreamaholic – Kunst aus Finnland" geben. Das Museum zeigt von diesem Samstag an rund 70 Werke von 32 Künstlern - darunter Gemälde, Skulpturen und Fotografien. Die Ausstellungsstücke stammen aus der in Berlin und Helsinki beheimateten Miettinen Collection und spiegeln der Weserburg zufolge die "lebendige Vielfalt der finnischen Gegenwartskunst". Die Schau mache deutlich, wie eigenständig sich die Künstler mit den internationalen Strömungen und Kunstdebatten auseinandersetzten, sagte Weserburg-Sprecher Jan Harriefeld. Der Ausstellungstitel "Dreamaholic" stammt von einem Gemälde des Künstlers Jani Hänninen, dessen Arbeiten auch gezeigt werden. Für die Veranstalter beschreibt das Wort "Dreamaholic" die erfinderische Kraft der Kunst. Neben Künstlern wie Eija-Liisa Ahtila, Jiri Geller und Robert Lucander stellt die Schau auch junge, noch unbekannte Künstler vor. "Die Weiterentwicklung konstruktiver und minimalistischer Konzepte ist ebenso vertreten wie die Wiederaufnahme und Fortführung gegenständlicher Bildformen der Pop Art und der Postmoderne", hieß es. Die Schau wird von einem Rahmenprogramm begleitet, zu dem Konzerte, Filme und Workshops gehören. (dpa)
"Dreamaholic – Kunst aus Finnland", Weserburg, Bremen, 4. Februar bis 27. August, Eröffnung: Freitag, 3. Februar, 19 Uhr

Duesseldorf Photo Weekend
Düsseldorf wird an diesem Wochenende wieder zum Hotspot für Fotografie. Mehr als 70 Galerien, Museen, private Sammlungen und Institutionen präsentieren beim sechsten "Duesseldorf Photo Weekend" von Freitag bis Sonntag Fotografiekunst in allen Facetten. Die Bandbreite reicht von klassischer Fotografie bis zu neuen Medien, wie die Veranstalter am Donnerstag mitteilten. Viele Ausstellungen sind noch mehrere Wochen zu sehen. Zentrale Ausstellung ist im NRW-Forum die Doppelpräsentation "Women on Street" mit Arbeiten des Star-Modefotografen Peter Lindbergh (72) und des US-Fotografen Garry Winogrand (1928-1984). Erstmals sind auch Winogrands seltene Farbfotos aus den 50er und 60er Jahren zu sehen. Die Ausstellung läuft bis zum 30. April. Zeitgleich wird mit "The Fun Archive" eine Schau des französischen Künstlers Thomas Mailaender eröffnet, der Artefakte der Internetkultur sammelt. Zu besichtigen sind am Wochenende unter anderem auch eine Videoinstallation von Hito Steyerl in der Julia Stoschek Collection und neue Werkserien der Beuys-Schülerin Katharina Sieverding. Die Galerie Rupert Pfab zeigt Fotografien von Angelo Novi, der die glanzvolle Epoche des italienischen Films mit Aufnahmen von Marlon Brando, Claudia Cardinale und vielen anderen festhielt. Erstmals nimmt auch die Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf teil. Sie widmet dem von den Nazis verfolgten Fotokünstler Fred Stein eine Werkschau. Düsseldorf als Stadt der Kunst ist auch stark durch Fotografie geprägt. Dies geht zurück auf die berühmte Becher-Schule, aus der Fotokünstler wie Andreas Gursky oder Candida Höfer hervorgegangen sind. (dpa)
Duesseldorf Photo Weekend, bis 5. Februar

Maxim Kantor in Emden
Mit verbotenen Ausstellungen im russischen Untergrund ist die Künstlergruppe "Krasny Dom" im Moskau der 80er Jahre bekannt geworden. Eines der Gründungsmitglieder, Maxim Kantor, blickt jetzt auf eine 30-jährige internationale Karriere zurück und zeigt neuere Werke in der Emder Kunsthalle. Die ostfriesische Hafenstadt ist dem Künstler gut bekannt: Henri Nannen, der Gründer der Kunsthalle und frühere Herausgeber des Magazins "Stern", hatte 1987 den damals noch unbekannten Künstler erstmals nach Emden geholt. Die Ausstellung "Maxim Kantor - das neue Bestiarium" konzentriert sich auf jüngere Werke des 59-Jährigen. Sie befassen sich mit Monstern und der Rückkehr von mythischen Gestalten in die heutige Zeit - ein Zeichen für den Rückschritt der Gesellschaft in eine mittelalterliche Finsternis. Auch Ritter und Heilige sind zu sehen, sie scheinen den finsteren Kreaturen zu trotzen. Nannen hatte den politischen und gesellschaftlichen Umbruch in den 80er-Jahren in der Sowjetunion mit einer großen Ausstellung "Glasnost und Perestrojka. Die neue Freiheit der sowjetischen Maler" dokumentiert. Dafür lud er 1987 Kantor nach Emden ein. Der Maler ist inzwischen auch als Autor von Büchern und Theaterstücken, als Essayist und Kunsthistoriker tätig. 2015 erhielt er die deutsche Staatsbürgerschaft und lebt in Berlin, Oxford und Frankreich. (dpa)
"Maxim Kantor - das neue Bestiarium", Kunsthalle Emden, 4. Februar (ab 16.30 Uhr) bis 7. Mai

Ed Atkins in Frankfurt
Als Monopol vor zweieinhalb Jahren die wichtigsten Künstler unter den Digital Natives vorstellte ("Die Neuen", 7/2014), war Ed Atkins vorne dabei. Mittels digitaler Bildtechnik erschafft der 1982 geborene Brite eine hyperreale Bildwelt. In diesem artifiziellen Paralleluniversum denkt der Künstler über das Humane im digitalen Zeitalter nach. Die Ausstellung im MMK 1 präsentiert neue Werke von Atkins, in denen immer wieder sein künstlich erzeugtes Alter Ego auftaucht. Dieser Avatar schlägt sich mit Einsamkeit, Entfremdung und Krankheit herum wie normale Menschen.
"Ed Atkins: Corpsing", MMK, Frankfurt, bis 14. Mai

Paula Modersohn-Becker in Hamburg
Einen neuen Blick auf das Werk der Malerin Paula Modersohn-Becker (1876-1907) will das Bucerius Kunstforum in Hamburg bieten. Unter dem Titel "Paula Modersohn-Becker. Der Weg in die Moderne" zeigt die Schau rund 80 Werke, darunter auch weniger bekannte Gemälde und Zeichnungen der Künstlerin. "Während Modersohn-Beckers eigenwilliger und avantgardistischer Stil zu ihren Lebzeiten als irritierend oder befremdlich empfunden wurde, gilt er heute als revolutionär und zukunftsweisend", betonten die Veranstalter. "Die Ausstellung zeigt die Künstlerin erstmals als Wegbereiterin der Moderne und widmet ihr den Auftakt der Trilogie der Moderne im Bucerius Kunstforum in den Jahren 2017 und 2018." Erst im Dezember war ein sensibles Künstlerporträt über Modersohn-Becker in die Kinos gekommen. Der Film "Paula – Mein Leben soll ein Fest sein" mit Carla Juri in der Titelrolle beleuchtet entscheidende Stationen aus dem Leben Malerin in Worpswede und Paris. (dpa)
"Paula Modersohn-Becker. Der Weg in die Moderne", Bucerius Kunstforum, Hamburg, 4. Februar bis 1. Mai

Josef Dabernig in Karlsruhe
Das mittelalterliche Gedicht "Stabat Mater" ist titelgebend für den neuen Film des Österreichers Josef Dabernig. Geklagt wird hier nicht über die Leiden Jesu, sondern über die missglückte Kommunikation während der Nachsaison in einem Hotel – ein liturgisch geordneter, kalter Käfig. Der 16 Minuten lange 35-mm-Film wurde vom Badischen Kunstverein koproduziert. Die Soloschau um "Stabat Mater" herum wird mit Fotos, Texten, Objekten und Installationen der medialen Vielfalt des 1956 geborenen Künstlers gerecht.
"Josef Dabernig: Stabat Mater", Badischer Kunstverein, Karlsruhe, bis 1. Mai

Saâdane Afif in Paris
Im April 1917 zeigte Marcel Duchamp bei der Ausstellung der Gesellschaft der unabhängigen Künstler im New Yorker Grand Central Palace ein handelsübliches weißes Keramik­pissoir, um 90 Grad gekippt und mit "R. Mutt" signiert. 2017 ist also das Jahr, in dem das Readymade mit dem Titel "Fountain" 100 Jahre alt wird. Um diesen Geburtstag zu feiern, hat das Centre Pompidou in Paris den französischen Künstler Saâdane Afif ein­geladen, seine "Fountain Archives" zu zeigen. Seit 2008 sammelt der 1970 geborene Afif Publikationen, in denen Duchamps Readymade abgebildet wird. Er reißt die entsprechenden Seiten heraus, rahmt sie und präsentiert sie als Bilder an der Wand. Die gefledderten ­Publikationen stellt er dazu aus. Ähnlich wie bei Duchamps skandalöser Umwidmung eines Massenproduktes in ein Kunstwerk hat die einfache Prozedur komplexe Folgen: Durch das Ausreißen einer Seite verwandelt Afif die Publikationen in Einzelstücke. Die Nicht-Kunst wird wieder Bild. Und mittlerweile kann Afif sogar Bilder von seinem "Fountain Archive" wieder in die Arbeit integrieren: Ein unendlicher Kreislauf entsteht. Dazu zeigt Afif Gedichte verschiedener Autoren, die er gebeten hat, auf sein Duchamp-Archiv zu reagieren.
"Saâdane Afif: The Fountain Archives", Centre Pompidou, Paris, bis 30. April

Marcel Odenbach in Wien
"Beweis zu nichts" ist die erste Soloschau von Marcel Odenbachs in der Kunsthalle Wien überschrieben. Es ist die Titelzeile eines Gedichtes von Ingeborg Bachmann, das den Fortbestand der Opfer-Täter-Struktur in der deutschen Nachkriegszeit thematisiert. Vergangenheitsbewältigung ist das zentrale Thema des 1953 in Köln geborenen Künstlers. Sein Film "Beweis zu nichts" über das Mahnmal im KZ Buchenwald ist erstmals in einer Ausstellung zu sehen. Außerdem wird die Videoinstallation "In stillen Teichen lauern Krokodile" gezeigt, die den Genozid in Ruanda 1994 behandelt. Odenbach ist nicht auf Deutschland und die NS-Zeit fixiert, vielmehr lässt er Erfahrungen anderer Kulturen und politischer Konstellationen in sein Werk einfließen.
"Marcel Odenbach. Beweis zu nichts", Kunsthalle Wien, 5. Februar bis 30. April

Daniel Richter in Wien
Ein am Boden liegendes Pferd wird von zwei Männern erschlagen und zerstückelt. Der Titel des großformatigen Bildes von Daniel Richter aus dem Jahr 2001: "Das Recht". Das Pferd solle den braunen Nazi-Gaul symbolisieren, sagt der Kurator des 21er Hauses in Wien, Axel Köhne. Und Richter selbst sagt: Er habe einen empörenden Vorgang wie das Schlachten eines Pferdes so übertitelt, um auszudrücken: "Dass das, was sie tun, das Richtige ist." Die große Daniel-Richter-Schau mit ihren 52 Werken aus allen Schaffensperioden werde niemanden kalt lassen, versprach die neue Museumschefin Stella Rollig am Donnerstag bei der Präsentation. Über kurz oder lang werde sich jeder Betrachter in "intensiven Diskussionen über Politik und gesellschaftliche Fragen wiederfinden". Der 54-jährige Richter, der als einer der wichtigsten deutschen Maler seiner Generation gilt, wird vor allem mit einem Bild verbunden: "Tarifa" von 2001. Damals malte er schon Bootsflüchtlinge vor der spanischen Küste, als das Thema trotz der ersten Toten noch niemanden wirklich interessierte. In der Schau "Lonely Old Slogans", nach dem gleichnamigen Titel eines anderen bekannten Motivs von ihm, wird die Vielfalt des Werks des in Eutin geborenen Künstlers deutlich. Im traumhaft-alptraumhaften "Gonzo" (2015) sieht mancher vielleicht Edvard Munchs "Schrei". Märchenhaft-schemenhaft kommt das Waldbild "Küss' die Schlampe, Flagge" (2015) daher. Richter lebt in Berlin und Wien. Hier hat er seit zehn Jahren eine Professur an der Akademie für Bildende Künste. Vor seiner Karriere gehörte er zur linksautonomen Hamburger Punk-Szene. (dpa)
"Daniel Richter: Lonely Old Slogans", 21er Haus, Wien, bis 5. Juni