LA-Ausstellung "Pacific Standard Time"

68 Museen – und ein Ziel

Einige Künstler aus Los Angeles sind Superstars. Viele andere, vielleicht ebenso gute, haben es nie ins internationale Bewusstsein geschafft. Wie erklären Sie sich das?
Andrew Perchuk: Die Wahrheit ist: Es gibt drei Generationen von Künstlern aus Los Angeles, die sogar eine größere Karriere in Deutschland hatten als jemals in den Vereinigten Staaten! Das sagt Christopher Williams, er zählt sich selbst dazu sowie John Baldessari und Bruce Nauman. Die Leute nehmen ja leider immer an, dass die Künstler, die Aufmerksamkeit verdienen, sie bereits haben, und dass die anderen es eben nicht wert sind, sich ihrer zu erinnern.
John Tain: Ein großer Vorteil bei unserer Ausstellung ist der zeitliche Abstand, der uns eine gute Distanz ermöglicht: Es geht um Kunst von 1945 bis 1980, und wir waren alle als Akteure noch nicht beteiligt in dieser Zeit.

Warum endet die Zeitspanne von „Pacific Standard Time“ ausgerechnet 1980, was wurde ab diesem Zeitpunkt anders?
Perchuk: Nach 1980 kamen Künstler wie Paul McCarthy, Mike Kelley, Charles Ray. Wir konzentrieren uns auf die Zeit davor, über die nicht so viel bekannt ist.

Gibt es bestimmte Missverständnisse über Los Angeles, die Sie mit der Ausstellung klären wollen?
Perchuk: Ein Klischee wurde von New York aus verbreitet: Die Künstler aus Los Angeles seien von Oberfläche und Technik verführt, ihnen fehle es an Tiefe. Dabei nahmen sie nur jede Ablenkung fort, damit man zu anderen Erfahrungen der Wahrnehmung vordringen konnte.
Rani Singh: Mit der Berliner Version der Schau werden wir versuchen, den Klischees über Los Angeles direkt zu begegnen. Wir zeigen zum Beispiel Julius Shulman, einen der besten Fotografen aus LA. Er hat das Image der Stadt massiv mitgeprägt, dabei hat er nicht nur die Bilder komponiert, sondern auch die Häuser! Sie sehen viel größer und glamouröser aus, als sie eigentlich sind. Mit Orangenbäumen im Vorgarten und diesem Glitzern, das über allem liegt.

Sagen Sie bloß, so sieht es gar nicht aus?
Singh: Na ja, doch, aber es gibt eben noch viel mehr zu erzählen. Shulman hat auch im heruntergekommenen Downtown fotografiert und in der Retortenstadt Century City, und das wird eben auch Teil der Schau.

Werden Sie auch widerlegen, dass LA immer unpolitisch war?
Tain: Ja, dagegen spricht der „Peace Tower“ von 1966, eine weithin sichtbare Turmstruktur, mit der sich Künstler in Kunstwerken und Plakaten vehement gegen den Vietnamkrieg wendeten. Wir bauen ihn an der Ecke La Cienega/Sunset Boulevard wieder auf. Er war der erste von Künstlern angeführte Protest gegen den Vietnamkrieg, und heute sind alle erstaunt, dass er in LA stattfand. Das war auch das erste Mal, dass sich die verschiedenen Kunstszenen der Stadt zusammentaten. 
Singh: Wir führen gerade Gespräche darüber, den Turm auch in Berlin nachzubauen und mit 200 neuen Kunstwerken zu bestücken. Viele Künstler haben Interesse, mitzumachen, zum Beispiel Thomas Demand und Olafur Eliasson.

Die Ausstellungsreihe Pacific Standard Time" hat am 1. Oktober in Los Angeles und anderen Orten in Südkalifornien begonnen. Ab März 2012 wird die Schau im Berliner Martin-Gropius-Bau zu sehen sein. Die Oktober-Ausgabe von Monopol, in der Sie auch das vollständige Interview mit den Kuratoren finden, widmet Wallace Berman und der Kunstszene von Los Angeles ein Spezial


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