Damien Hirst wird 50

Haie, Kühe und das ganz große Geld

Damien Hirst genießt Weltruhm und dürfte einer der reichsten Künstler überhaupt sein. Ob seine konservierten toten Tiere und Totenköpfe die Kunst überhaupt vorangebracht haben, ist allerdings umstritten.

Wer im angesagten Londoner Restaurant Tramshed Hühnchen oder Steak auf dem Teller hat, verliert die Herkunft seiner Speisen nie aus den Augen. Mitten im hallenartigen Raum steht, eingelegt in bläuliches Formaldehyd, eine Kuh: eine Arbeit von Damien Hirst, dem neben Banksy bekanntesten zeitgenössischen Künstler Großbritanniens. Es ist nur ein Beispiel für die Allgegenwart des Engländers, der am heutigen Sonntag seinen 50. Geburtstag feiert.

Mit einem eingelegten Hai hat er ein Symbol für die Young British Artists oder Britart geschaffen, der von Kunstsammler Charles Saatchi geförderten und in den 90ern dominanten Kunstbewegung der Insel. Der Marketing-Professor Don Thompson hat es mit seinem Buch "The $12 Million Stuffed Shark" (Der ausgestopfte 12-Millionen-Dollar-Hai) auch zu einem Symbol für den absurden modernen Kunstmarkt gemacht.

Damien Hirst wurde in Bristol geboren, wuchs aber im nordenglischen Leeds auf. Sein Vater, ein Automechaniker, verließ die Familie, als der Sohn zwölf Jahre alt war. Hirsts irisch-katholische Mutter bemühte sich nach Darstellung des Künstlers redlich um strenge Erziehung, hatte damit aber wenig Erfolg. Immerhin weckte der Katholizismus aber Hirsts Kunstinteresse: "All die Bilder von gehäuteten Aposteln und gefolterten Heiligen zu sehen, war eine ziemlich starke Einführung", sagte er dem "Guardian" einmal.

Eine erste Ausstellung 1988 mit Mitstudenten, "Freeze", war ein voller Erfolg und markierte den Beginn einer Traumkarriere. Werke rund um Tod und Vergänglichkeit, etwa ein verwesender Kuhkopf im Glaskasten oder eine eingelegte, aufgeschnittene Kuh mit Kalb auf der Biennale von Venedig 1993 sicherten Schlagzeilen und bescherten ihm einen Turner-Preis sowie den finanziell einträglichen Ruf eines Enfant terrible der Szene. Plagiatsvorwürfe wegen seines diamantbesetzen Totenkopfs oder die Tatsache, dass sein berühmter Hai vergammelte und ersetzt werden musste, schadeten nicht.

Eine Auktion bei Sotheby's im Herbst 2008 machte 140 Millionen Euro Umsatz - unter anderem, weil Hirst mal wieder ein Tabu brach, seine Galerie umging und direkt verkaufte. Pünktlich zum Ausbruch der internationalen Finanzkrise nannte er die Preise auf dem Kunstmarkt unrealistisch.

Stört es da, dass manche Kollegen und Experten den ergrauten Künstler für heillos überschätzt halten? Er habe die britische Kunst um 100 Jahre zurückgeworfen, befand erst im Februar Mary Moore, die Tochter des 1986 gestorbenen Bildhauers Henry Moore. Turner-Preis-Gewinner Grayson Perry nannte seine Arbeit einmal "abgedroschen und schäbig". Sein Credo sei "Geld um des Geldes Willen", er sei nur noch ein Geschäftsmann, urteilte der Guardian anlässlich einer Ausstellung im Februar. "Er ist kein Künstler mehr."

Denn seine Kritik am Kunstbetrieb hält Hirst nicht davon ab, an diesem hervorragend zu verdienen. Die "Sunday Times" schätzte sein Vermögen im April auf 215 Millionen Pfund (301 Mio Euro). Demnach hat er sich kürzlich ein Haus mit 18 Schlafzimmern in bester Londoner Lage für knapp 40 Millionen Pfund geleistet. Oft wird der Brite als der "reichste lebende Künstler" bezeichnet. Zu seinem Geburtstag war er für ein Interview, in dem er zu der harschen Kritik hätte Stellung beziehen können, nicht zu haben. Hirst ist beschäftigt: Noch in diesem Jahr soll eine Galerie öffnen, in der er Werke aus seiner Sammlung ausstellen will. Der Eintritt soll frei sein.

 

Lesen Sie hier eine Würdigung von Hirsts Werk durch den Kunsthistoriker Andreas Beyer