Schmuggel-Vorwurf

Deutscher Kunstspediteur in China in Haft

Peking/Kiel (dpa) - Seit mehr als drei Monaten sitzt ein Kunstspediteur aus Schleswig-Holstein in China in Haft. Der Fall belastet die deutsch-chinesischen Beziehungen. Die Regierung in Peking wertete das Vorgehen als rechtmäßig. Dem 32-jährigen Nils Jennrich aus Rendsburg werde vorgeworfen, an Schmuggel beteiligt gewesen zu sein, sagte der Sprecher des Außenministeriums am Dienstag. Das Schicksal des in einer überfüllten Zelle eingesperrten Managers der Kunstspedition IFAS droht den deutsch-chinesischen Rechtsdialog am nächsten Montag und Dienstag in München zu überschatten.

   Der Betriebswirt leidet nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa schwer unter den harschen Haftbedingungen im Pekinger Gefängnis Nummer Eins. «Es ist sehr hart», hieß es. Die vagen Vorwürfe lauten auf Beihilfe zum Zollbetrug. Jennrich soll Einfuhrwerte von Kunstobjekten zu niedrig angegeben und den Zoll um umgerechnet 1,27 Millionen Euro geprellt haben. Die Spedition und Branchenkenner wiesen die Vorwürfe zurück. Für die Einfuhrabgaben seien die Kunden zuständig. Sie müssten den Wert mit Dokumenten für den Zoll belegen. «Die Vorwürfe machen für uns keinen Sinn», sagte der Chef von Integrated Fine Arts Solution (IFAS), Torsten Hendricks, der dpa.

Die Mutter des Inhaftierten sieht ihren Sohn als Bauernopfer der chinesischen Politik. Das sagte sie dem Radiosender NDR 1 Welle Nord. Eigentlich wolle Peking mit der Festnahme den großen Sammlern und reichen Chinesen, die Steuern hinterziehen, Grenzen aufzeigen, meinte sie. Die Frau schwankt zwischen Hoffen und Bangen und sehnt eine Freilassung herbei: «Ich hoffe ganz stark, dass er das bald schafft. Ich hoffe sogar, dass er es das noch in dieser Woche schafft. So richtig daran glauben tue ich nicht.»

   Ihrem Sohn gehe es sehr schlecht. «Er hat sehr, sehr stark abgenommen, er wird absolut unzureichend ernährt.» In seiner Zelle sei er mit bis zu 15 chinesischen Häftlingen eingesperrt, von denen keiner Englisch spreche. Dann sei ein Franzose in seine Zelle verlegt worden, mit dem er erstmals habe reden können. Über den französischen Häftling wisse sie auch einiges über die Haftbedingungen.

   Seit dem 28. März habe sie keinen direkten Kontakt mehr, sagte die Mutter. Sie erfahre nur über die Botschaft und andere Quellen, wie es ihrem Sohn geht. «Das ist die absolute Hölle, das ist grausam», sagte die Mutter über ihre Situation.

   IFAS-Chef Hendricks beteuerte die Unschuld Jennrichs und einer chinesischen Mitarbeiterin, die ebenfalls inhaftiert wurde. Die Behörden hätten beide für schuldig erklärt, ohne dass Anklage erhoben oder ein Urteil gefällt worden sei. Hendricks appellierte an die Bundesregierung, sich für Jennrich einzusetzen. Sie müsse darauf pochen, dass internationale Spielregeln eingehalten werden. «Die Unschuldsvermutung muss auch in China gelten», sagte der IFAS-Chef.

Der deutsche Botschafter in Peking, Michael Schaefer, hat Jennrich schon zweimal in Haft besucht. Beobachter sahen darin einen Hinweis, dass es «gewisse Zweifel an der Stichhaltigkeit der Vorwürfe» gibt.

   Unterdessen hat das Kieler Justizministerium mit dem Auswärtigen Amt Kontakt aufgenommen, das sich um eine enge Betreuung des Mannes kümmere. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kennt den Fall erst seit kurzem und hat sich nach Angaben eines Sprechers noch nicht eingeschaltet. Familie und Angehörige des Inhaftierten machen im sozialen Netzwerk Facebook auf den Fall aufmerksam und fordern die Freilassung Jennrichs. Fast 2000 Menschen unterstützten den Aufruf.

   Der Fall ereignet sich ausgerechnet zu einer Zeit, in der China im Norden eine große Rolle in der Kunst spielt: Es ist Länderschwerpunkt beim gerade eröffneten Schleswig-Holstein Musik Festival und bei der Kunstausstellung NordArt in Büdelsdorf. Für die NordArt hat Jennrich laut Medienberichten vor seiner Verhaftung noch Kunstwerke geschickt.