Interview mit Unternehmer Sandy Angus

"Messen überleben nur, wenn Galeristen profitieren"

Im März findet die dritte Ausgabe der Art Basel Hong Kong statt – erstmals mit Konkurrenz von einer Satellitenmesse: Die Art Central, die in einem Zelt junge und viele lokale Galerien versammelt, wird von Montgomery organisiert, jener britischen Messegesellschaft, die auch schon an der Art HK in Hongkong beteiligt war, die an die Art Basel verkauft wurde. Warum jetzt der Neustart?

Sandy Angus, 2013 haben Sie in einem Interview gesagt, dass es in Hongkong nicht genug Platz für eine zweite Kunstmesse neben der Art Basel gebe. Jetzt eröffnet Montgomery dort die Art Central. Warum denken Sie jetzt anders?

Meine Antwort in diesem Interview bezog sich nicht auf eine zweite Messe in Hongkong, sondern ich meinte, dass zu diesem Zeitpunkt neben dem Veranstaltungsort der Art Basel …

… dem Kongresszentrum …

… kein Ort für eine zweite Messe zur Verfügung stehe. Inzwischen gibt es einen Ort im Bezirk Central, auf dem eine temporäre Struktur errichtet werden kann, die die Art Central beherbergt.

Was macht Hongkong für Montgomery interessant?

Montgomery organisiert Ausstellungen in Hongkong seit den 80er-Jahren. Als Tim Etchells 2007 dann die Gelegenheit gekommen sah, dort eine Kunstmesse zu gründen, teilten wir seine Vision. Will Ramsay beteiligte sich, und die Art HK war geboren. Ihr Erfolg gründete sich auf Faktoren, die Hongkong zur idealen Geschäftsstadt machen: eine lebendige lokale Wirtschaft mit exzellenter Infrastruktur und der starken Präsenz Festlandchinas vor der Haustür.

Warum verkaufte Montgomery dann die Art HK an die Schweizer MCH Group, die die Art Basel organisiert?

Die Art HK war ein Joint Venture, und alle Gründer waren sich darin einig, dass wir die Messe so weit gebracht hatten, wie wir konnten. Um an die großen internationalen Sammlern ranzukommen, brauchte es einen größeren Motor. Montgomery arbeitet als Agent der Art Basel in Großbritannien, also hatten wir schon eine Verbindung. Die Art Basel ergriff die Chance, ihre globalen Ambitionen mit einer asiatischen Messe zu komplettieren. Sie erwarb zunächst Anteile für eine Mehrheitsbeteiligung und übernahm die Messe komplett im Oktober 2014.

Worin unterscheiden sich nun die Art Basel Hong Kong und die Art Central?

Die Art Basel ist eine der großen Messen der Welt. Die Art Central wird kleiner, edgier und hat hoffentlich mehr asiatische Inhalte. Wir möchten, dass es Spaß macht, die Messe zu besuchen und wollen jungen Künstlern die Chance geben, vor wichtigen Sammlern gezeigt zu werden. Es soll ein anderes Erlebnis als die Art Basel werden und nicht nur ein Sammelbecken für Galerien, die es nicht auf die Art Basel geschafft haben.

Wird Montgomery die Art Central auch verkaufen, sobald sie etabliert ist?

Die Art Central ist ein Joint Venture, deshalb ist es schwer zu sagen, was passieren wird. Montgomery verkauft sehr selten Events und ich nehme an, wir auch mit der Art Central auf der Langstrecke mit dabei sind.

Montgomery entwickelt Kunstmessen weltweit, in New Delhi, Shanghai, Istanbul, London. Wie suchen Sie Hot Spots aus?

Das klingt so, als würden wir permanent nach neuen Märkten suchen, um neue Kunstmessen zu gründen. Das tun wir nicht. Es gibt die großen Messen, die ein Muss sind, und die führenden Regionalmessen. Daneben gibt es noch eine Menge anderer Messen. Wir können darauf hoffen, dass einige unserer Messen sich zu führenden Regionalmessen entwickeln. Jede erfüllt ihren spezifischen Zweck.

Montgomery hat vor zwei Jahren in Istanbul die Art International aus der Taufe gehoben, obwohl es schon eine Messe in der Stadt gibt, die Contemporary Istanbul, die von lokalen Betreibern organisiert wird. Für Istanbuler Galeristen ist es nun schwierig, an beiden Messen teilzunehmen. Wie verhindern Sie, dass Sie mit Ihren Projekten das Gleichgewicht vor Ort stören?

Wir sind ursprünglich nach Istanbul gegangen, weil die Leute gesehen haben, was wir in Hongkong getan haben und sich eine ähnliche Qualitätsmesse wünschten. Wir denken nicht, dass wir mit der Contemporary Istanbul im Wettbewerb stehen. Es gibt nur wenig Überschneidung bei den internationalen Galerien und wir lassen nur die besten türkischen Galerien zu. Unsere Messe ist kleiner. Wir haben aber die Ambition, regionaler Marktführer zu werden, die Qualität der Messe hochzuhalten und Sammler aus der ganzen Welt anzuziehen – wozu Istanbul sich hervorragend eignet.

Kunstmessen boomen weltweit – warum eigentlich? Es gibt doch so viele gute Galerienausstellungen und Kunst wird heute zunehmend übers Internet gekauft.

Kunstmessen gehen heute definitv durch eine Phase, in der Galerien sich über die schiere Anzahl beschwerden. Kunstmessen werden nur überleben, wenn sie etwas Anderes und Aufregendes bieten können. Sie können ein idealer Weg sein, mehr über Kunst zu lernen, denn es kann schon sehr einschüchternd sein, eine Galerie zu betreten. Aber viele Besucher allein sind dabei nicht der Schlüssel zum Erfolg, sondern die Anwesenheit von Sammlern zählt, und die gibt es nur begrenzt. Kunstmessen werden nur überleben können, solange Galerien durch ihre Teilnahme wirklich profitieren. Der Markt wird entscheiden, ob Messen wirklich die kostengünstige Art eines Verkaufs sind.

Was halten Sie von Berlin als Messestandort?

Berlin hat alle Voraussetzungen für eine bedeutende Messe, und ich kann nur mutmaßen, dass Köln diese Lücke für den europäischen  Markt vor Jahren ausgefüllt hat. Berlin hat großartige Galerien und Sammler, aber am wichtigsten ist, dass es eine dynamische Stadt ist. Wenn die Stadt und die Berliner Kunstszene es nur wirklich wollen, könnte sie eine Veranstaltung auf die Beine stellen, die am Firmament der Kunstmessen leuchtet.

Art Central, Hongkong, 14. bis 16. März