Interview mit dem Zauberer und Galeristen Wittus Witt

"Zauberei ist Performance-Kunst"

Herr Witt, seit 2012 betreiben Sie eine Galerie für Zauber und Kunst, die „Galerie W“ in Hamburg Hohenfelde. Wie kam es dazu?
Ich habe schon als Schüler versucht, meine erste Kunstgalerie ins Leben zu rufen. Es war eigentlich immer mein Ansinnen, mit meiner Kunst nach draußen zu gehen. Dass es dann die Zauberkunst wurde, ist für mich besonders schön. Es war aber eigentlich gar nicht so geplant. Joseph Beuys, bei dem ich später Kunst studiert habe, hatte sich aber sehr gefreut. Er sagte: Endlich kommt ein Zauberer in die Schule.

Haben Sie denn schon gezaubert, als Sie in die Beuys-Klasse kamen?

Ich habe mein Leben lang gezaubert. Schon als Vorschüler habe ich damit angefangen. Zaubern war damals allerdings mein Hobby und Kunst meine Leidenschaft. Auch in der Schule war ich immer schon der Künstler und auch der Zauberer. Ich habe mich ganz bewusst bei Beuys beworben und gleichzeitig auch in Würzburg. Ich war sehr glücklich, auch in beiden Akademien angenommen worden zu sein. Aber ich habe mich dann natürlich für Beuys entschieden.

Und wie war er?
Ich habe mit Beuys ein paar tolle Gespräche gehabt, aber der geborene Pädagoge war er nicht. Wenn er Korrekturen gab, sagte er entweder, es ist scheiße, oder es ist gut. Fragte man ihn, warum ist das scheiße, dann antwortete er bloß, das ist einfach scheiße, das sieht man doch.

Wie oft war er zu Ihrer Zeit in der Klasse?
Einmal in der Woche kam er schon. Das war ja auch sein Prinzip. Wir waren damals offiziell 400 Studenten. Er hat seinen eigenen Atelierraum auch noch lange behalten dürfen, nachdem ihn Johannes Rau offiziell rausgeschmissen hatte. Dann kam er trotzdem noch. Und er hätte eigentlich auch bleiben können ...

Wie würden Sie die Atmosphäre in der Klasse beschreiben?

Es war einfach faszinierend. In dieser Zeit war in der Beuys-Klasse eine unheimliche Lebendigkeit. Ich habe dort eine schöne, einfach tolle Zeit erlebt. Doch als er gegangen war, ist das alles auch sehr schnell zerfallen. Ich habe noch ein Semester bei einem seiner Meisterschüler studiert, der die Klasse pro forma weitergeführt hat. Dann habe ich mich aber entschlossen, an die Fachhochschule zu gehen und dort Design studiert.

Haben Sie zu ihren ehemaligen Kommilitonen aus der Beuys-Klasse noch Kontakt?

Zu einem habe ich noch einen guten Kontakt. Der Beuys-Gedanke hat sich bei dem einen oder anderen, ehrlich gesagt, etwas verschoben. Einige sind in die Bürokratie des Kunsterziehens abgerutscht. Ich denke, an manchen Orten wird die Kunst mehr verwaltet, als dass sie lebendig gehalten wird.

Wie kam es dann zur Gründung der Galerie?

Ich bin vor knapp zehn Jahren nach Hamburg gezogen, und Hamburg ist für mich auch die Stadt der Kunst. Ich bin ein ganz begeisterter Museums- und Galeriegänger und schaue mir hier viel an. Und ich dachte mir, hier ist eigentlich ein guter Platz, um die Zauberkunst von der anderen Seite her vorzustellen. Sie geht ja in viele Bereiche hinein, und sie ist immer auch schon Teil der Kunst gewesen. Ich erinnere an Hieronymus Bosch und sein berühmtes Bild des Taschenspielers, „Der Gaukler“. Mir ist es einfach wichtig zu zeigen, dass die Zauberkunst mehr zu bieten hat als nur Tricks, Las Vegas, als nur Glitzer und Glamour. Aber ich werde in meiner Galerie auch bildende Kunst präsentieren, die sich mit der Zauberkunst beschäftigt. So ist bereits eine der nächsten Ausstellungen drei bekannten Hamburger Künstlern gewidmet: Ralf Jurszo, Llaura Sünner und Tobias Sandberger. Sie bereiten eine Ausstellung mit dem Titel “Imaginarium” vor. 

Mischen sich bei den Eröffnungen in Ihrer Galerie die Zauber- und die Kunstszene?
Ja, absolut. Das ist das Faszinierende daran. Das ist ganz wunderbar.

Wer kommt dann so?
Ich muss vorausschicken, dass die Galerie ja noch relativ jung ist. Sie ist gerade erst ein Jahr alt. Aber die Vernissagen sind alle sehr gut besucht. Ich habe das Gefühl, dass die Zauberer immer weniger werden, was ich für die Galerie eigentlich sehr schön finde. Dafür kommen immer mehr andere dazu.

Welche Berührungspunkte sehen Sie zwischen Zauberei und Kunst?
Zaubern ist für mich eine ziemlich allumfassende Angelegenheit, die von der Kunst gar nicht zu trennen ist. Wenn ich an meinen alten Professor Beuys denke, dann waren seine Installationen und seine Happenings eigentlich nicht viel anderes als das, was wir Zauberer auch machen. Genau wie er binde auch ich mein Publikum mit ein, und die Aktionen sind immer als Interaktionen mit den Zuschauern angelegt.

Würden Sie sagen, Zauberei ist der Performancekunst zuzurechnen?
Ja, Zauberei ist eine absolute Performance Art.

Zu wem sehen Sie denn da Nähen oder Verwandtschaften?
Das Einzige, was mich in letzter Zeit wirklich tief beeindruckt hat, das war Marina Abramovic mit ihrer Performance „The Artist is Present“. Was sie da gemacht hat, war einfach grandios. Auch sie hat nur die Fantasie angesprochen. Sie saß bloß da. Aber auch ihre anderen Aktionen boten dem Betrachter jedes Mal hinreißende Bilder, die etwas bewusst gemacht haben.

Auch beim Zaubern geht es ja um Realitätsverschiebungen und den Kontakt zum Publikum.
Richtig, ja. Die Kunststücke an sich sind ja eigentlich nur ein Transportmittel. Ein Hang zur Darstellung gehört einfach dazu. Und im Gegensatz zu anderen Künstlern, die sehr für sich alleine arbeiten und die Öffentlichkeit vielleicht auch scheuen, sind wir Zauberer immer auf die Interaktion mit dem Publikum angewiesen.

Galerie-W, Hamburg, Ifflandstraße 64, Zauber-Salon immer freitags um 21 Uhr