Die grauen Straßen im Prenzlauer Berg im Morgennebel. Arbeiterinnen mit Zigarette in der Hand in der Textilfabrik um die Ecke. Teenager mit Punk-Frisuren. Mit klarem Blick und großer Einfühlungskraft hat Helga Paris, 1938 in Golnow in Pommern geboren und im Februar 2024 in Berlin gestorben, das Leben in der DDR und darüber hinaus dokumentiert. Jetzt zeigt das Fotografiska Berlin die erste umfassende Ausstellung ihrer Fotografien seit ihrem Tod. Zu sehen sind sowohl ihre einflussreichsten Serien als auch weniger bekannte Arbeiten und persönliche Schnappschüsse aus fünf Jahrzehnten.
Der Titel der Schau, "für uns", ist einem Gedicht des Lyrikers Bert Papenfuß entliehen, der wie Paris in der Kunst- und Kulturszene des Prenzlauer Bergs zu Hause war. Marina Paulenka und Udo Kittelmann, kuratorisches Duo der Ausstellung, wollten mit "für uns" herausarbeiten, wie Paris in ihren Fotografien Beziehungen sichtbar macht und wie sehr das Thema Gemeinschaft ihr Werk prägt.
So legt die Ausstellung nicht nur einen Fokus auf die intensiven Einzelporträts, für die Paris bekannt geworden ist, sondern auch auf die Aufnahmen von Feiern und Festen in den einfachen Altbauwohnungen des Ostberliner Kiezes, in dem sie jahrzehntelang wohnte. Paris hat nichts beschönigt, aber ihr Blick auf ihre Zeitgenossen war immer voller Respekt und Zuneigung.
Offen und selbstbewusst blicken die Modelle in die Kamera
Als Fotografin war Helga Paris Autodidaktin. Sie hatte in den 1950er-Jahren in Berlin Modegestaltung studiert und auch ein Praktikum bei der Textilfabrik VEB Treffmodell absolviert. Viele Jahre später, in den 1980er-Jahren, nahm sie dort eine Serie auf, die eben keine schicken Models zeigte, sondern Arbeiterinnen, die dem Blick der Kamera offen und selbstbewusst begegnen.
Paris hatte in den 1960er-Jahren mit der Fotografie begonnen, einen Maler geheiratet, sich tief in die Kunstszene begeben und unter anderem Theaterinszenierungen an der Volksbühne dokumentiert. Doch genauso intensiv wie ihre schwarz-weißen Porträts von Künstlerinnen und Intellektuellen sind ihre Aufnahmen von Müllfahrern, Kindern auf der Straße und Berliner Kneipen.
Oder ihr Blick richtete sich auf die trotzigen Ostberliner Jugendlichen der "No-Future"-Zeit der 1980er-Jahre, zu denen sie über ihre eigenen Kinder einen guten Zugang fand. Auch auf Reisen nach Warschau, Moskau und New York fotografierte sie mit ihrem analytischen und gleichzeitig empathischen Blick.
Ein Abend für Helga Paris' Fotografie
Die Ausstellung im Fotografiska Berlin ist mit Unterstützung der Tochter Jenny Paris entstanden, die den Nachlass leitet. Sie wird auch Ehrengast des Eröffnungsabends am 5. September sein, der sich dem Werk ihrer Mutter umfassend widmet – und der Stadt, in der diese Bilder zum großen Teil entstanden ist.
Auf einer Panel-Diskussion geht es darum, wie Helga Paris' Werk das soziale und kulturelle Gefüge Berlins widerspiegelt und welche Rolle die Fotografie bei der Gestaltung kollektiver Erinnerung und der Dokumentation gesellschaftlicher Wandlungsprozesse spielt. Dabei sind neben den Kuratoren Marina Paulenka und Udo Kittelmann auch die Schriftstellerin Marion Brasch und der DJ und Produzent Mark Reeder. Danach gibt es DJ-Sets von Rupert, Rajko und Mark Reeder, und auch das kulinarische Angebot in der Café-Bar wird von der DDR inspiriert sein.