Herr Kudlich, Ihr Startup hat eine KI-App erfunden, die Museumsbesuche spannender machen soll. Der "AITourPilot" soll Informationen zu Kunstwerken und ihren Entstehungsgeschichten ansprechend vermitteln. Wie kann man sich das vorstellen?
Man betritt ein Museum, öffnet unsere App, und der "AITourPilot" begrüßt einen persönlich und fragt, ob man lieber einzelne Bilder der Sammlung sehen möchte oder er eine personalisierte Tour erstellen soll. Dabei wird berücksichtigt, ob der User oder die Userin ein Kind oder etwa eine Kunststudentin ist. Je nachdem unterscheiden sich die Ansprechhaltung und die Art der Informationen. Man kann dem "TourPilot" jederzeit Fragen stellen – und ihn auch in seinen Antworten unterbrechen, wenn er zum Beispiel zu weit ausholt. Das Gespräch mit ihm soll Spaß machen und die spannenden Geschichten von Kunstwerken vermitteln.
Im Museum stehen dann also Menschen, die sich laut mit ihrem Handy über Kunst unterhalten?
Genau! Man kann einfach losquatschen. Das mag am Anfang vielleicht merkwürdig wirken, ich bin aber überzeugt, dass es mit der Zeit normalisiert werden wird, dass wir in der Öffentlichkeit mit Chatbots sprechen. Auch im Museum. In den Testläufen, die wir durchgeführt haben, hat sich außerdem herausgestellt, dass die meisten Userinnen und User sich ganz auf die Kunstwerke konzentrieren und den "Pilot" eher begleitend mitlaufen lassen. Es entstand also meistens kein lautes Gespräch, sondern eher ein ruhiger Dialog.
In vielen Museen gibt es bereits geführte Touren, bei denen Kunst vermittelt wird – von Menschen. Warum braucht es KI?
Die Ressourcen für menschliche Tourguides sind begrenzt. Eine reale Tour kostet meist, und häufig sind die Führungen schon weit im Voraus ausgebucht. Natürlich wäre es toll, wenn jedes Museum 20 menschliche Tourguides bereitstellen könnte. Denn KI kann das Gespräch mit einem Menschen nicht ersetzen. Das ist aber nicht die Realität in den Museen. KI ist also eine gute Ergänzung zu den bestehenden Angeboten.
Auf Ihrer Website schreiben Sie von Problemen, denen Museen begegnen, die Ihr Start-up mithilfe des "AITourPilotes" lösen kann. Welche sind das?
Das Hauptproblem ist, dass junge Menschen heutzutage nicht mehr den Zugang zu Kunst haben. Das Interesse für Kunst ist bei ihnen einfach nicht ausgeprägt, und daher erreichen Museen nur noch wenige Jugendliche. Das ist auch verständlich, denn Museen konkurrieren heute mit Anbietern wie Netflix oder Disney, die bewegte Bilder in hoher Qualität bis ins Wohnzimmer liefern. Stille Gemälde, die vor 400 Jahren produziert worden sind, treten dahinter erstmal zurück. Aber auch sie erzählen spannende Geschichten. Diese auf eine persönliche, akkurate und witzige Art zu vermitteln ist unser Anliegen.
Wie reagieren Museen auf Ihre App?
Sehr begeistert oder total ablehnend. Einige wollen mit uns kooperieren und haben sogar eigene Räume für die Nutzung von KI eingerichtet. Es gibt aber auch Stimmen, die sagen, dass wir den Menschen durch die KI das Denken abnehmen, dass der menschliche Kontakt unterbunden wird und sich niemand mehr eigene Gedanken zu Kunst machen würde.
Stimmt das?
Es sind nachvollziehbare Gründe, die wir ernst nehmen. Deshalb haben wir den "AITourPilot" so gebaut, dass er auf Reflexion setzt, anstatt wie ein Audioguide nur Fakten vorzugeben. Unser "TourPilot" reagiert auf die Nutzenden und stellt Rückfragen. Etwa: Welche Emotionen löst das Bild bei dir aus? Was denkst du, warum hat der Künstler oder die Künstlerin diese Farbe benutzt? Diese Fragen bewirken, dass man sich mit der Kunst auseinandersetzt. Dadurch sprechen wir auch junge Menschen an und binden sie aktiv mit ein.
Ist KI also die Rettung für Museen?
Davon bin ich überzeugt. Ich habe bei Testläufen unserer App gesehen, wie Kinder mit der KI im Museum sprechen und welche Verbindungen zur Kunst sie mithilfe der KI aufbauen, das war erstaunlich. Ich glaube ernsthaft daran, dass diese neue Technologie das Interesse an Kunst wieder anfachen und den Museen einen Aufschwung bringen kann.
Ab wann kann der "AITourPilot" eingesetzt werden?
Im Frühjahr dieses Jahres wird unsere App gestartet, zunächst für eine begrenzte Anzahl an Usern. Wir wollen sichergehen, dass auch wirklich alles funktioniert und das Gespräch über Kunst im Museum so abläuft, wie wir es uns vorstellen. Wir haben bereits eine Liste an Museen, die in Zukunft mit dem "AITourPilot" arbeiten wollen.