Die Kölner "Akademie der Künste der Welt "

Akademie, nicht Arkadien!

Akademien der Künste, etwa die sehr ehrwürdige in Berlin, gelten in der westlichen Welt als Horte kultureller Weisheit. Hier tauschen verdiente Zeitgenossen ihr gesammeltes Wissen aus, um es in die Gesellschaft einzubringen. Das ist wunderbar – nur haben sich die Verhältnisse durch Globalisierung, Migration und daraus resultierende sogenannte Kulturkämpfe grundlegend geändert. Braucht es daher nicht eine internationale, interdisziplinäre Künstlervereinigung neuen Typs?

Als sich die Kölner Gründungsinitiative für den Namen „Akademie der Künste der Welt“ entschied, betrieb sie gewissermaßen intellektuelle Piraterie: Sie kaperte den traditionsreichen Begriff, um ihn neu zu definieren. Dann ging es 2012 plötzlich – für hiesige Verhältnisse erstaunlich – schnell. Im Sommer trafen sich erstmals die 14 Gründungsmitglieder, eine illustre, aus allen fünf Kontinenten stammende Schar von Künstlern, Intellektuellen, Theoretikern. Rosemarie Trockel, Hans-Ulrich Obrist, Tom Holert gehören dazu, der chinesische Dissident Liao Yiwu, der brasilianische Komponist Tom Zé, Walid Raad oder die aus Israel stammende Kuratorin Galit Eilat, die am offiziellen Auftaktwochenende im Oktober zur Präsidentin gewählt wurde.

Die Akademie als Thinktank, der interkulturelle Debatten fördert und sich lokal und international vernetzt: Was lange abstrakt klang, hat inzwischen Form angenommen. Das Fellowship-Programm der Akademie, gut dotiert und ohne gängelnde Auflagen, startete mit dem jungen palästinensischen Künstlerpaar Basel Abbas und Ruanne Abou-Rahme. Als weitere Säule wurde die „Junge Akademie“ gegründet, erste Förderprojekte ausgewählt und thematische Schwerpunkte festgelegt: Migration, Verantwortungsbewusstsein, Gastfreundschaft, nicht westliche Künste und vormoderne Konzepte und Praktiken.

Am sichtbarsten ist die Denkfabrik, die ohne eigenes Gebäude mit Partnerinstitutionen agiert, bislang in den mehrmals monatlich stattfindenden „Salons“. Jüngst diskutierte die lange in Shanghai tätige Defne Ayas, heute Direktorin des Witte de With Rotterdam, mit dem Publikum über Künstlerinitiativen in China. Und Donna Williams, Leiterin der Multicultural Audience Development Initiative am Metropolitan Museum, führte den anwesenden Kölner Kunstvermittlern vor, wie ihre Publikumsoffensive in den New Yorker Communitys funktioniert.

Das alles ist auch eine Form globalen Nachhilfeunterrichts, der die lokale Kulturszene polarisiert. Während die einen sich für die innovative Institution begeistern, bemühen die Kritiker gute und weniger gute Argumente. Im Kern entpuppen sich viele als Verteilungskampf: Die Stadt Köln, eher bekannt für kulturpolitische Kurzsichtigkeit, unterstützt die gemeinnützige GmbH trotz schlechter Haushaltslage mit jährlich einer Million Euro, Mancher Veranstalter oder Künstler, vor allem aus der chronisch unterfinanzierten Freien Szene, hätte die lieber selbst oder befürchtet ein elitäres Vorzeigeprojekt; Galerien und Institutionen, die längst selber international arbeiten, empfinden die Belehrung als überflüssig.

Doch Neiddebatten helfen nie, kritische Begleitung wird dem derzeit wohl aufregendsten Kölner Projekt gut tun. Es passt zu dieser Stadt, in der inzwischen jeder dritte Einwohner aus einer Einwandererfamilie kommt. Schwerer als internationale Referenten einzuladen wird es indes sein, die lokalen Communitys einzubinden. Und die Szene wird weiterhin mit Argusaugen beobachten, welches Geld warum wohin fließt.

Informationen und Programm auf www.academycologne.org
Im April-Heft von Monopol, das am Donnerstag erscheint, finden Sie einen großen Schwerpunkt zur Kunststadt Köln und der Kunstmesse Art Cologne