Alina Szapocznikow in Baden-Baden

Künstlerische Vitalität

Eine verdichtete Werkschau Alina Szapocznikows in der Kunsthalle Baden-Baden schlägt die Brücke vom klassisch gestalteten Frühwerk bis zu den späten Experimenten der polnischen Künstlerin

Die ersten Werkschau von Alina Szapocznikow (1926–1973) im deutschsprachigen Raum tappt nicht in die Falle, die einst erfolgreiche Staatskünstlerin Polens auf ihr "Denkmal für sowjetisch-polnische Freundschaft" zu reduzieren, das den Kulturpalast in Warschau schmückte. Ihr sozialistischer Realismus wird gleichberechtigt neben dem klassisch gestalteten Frühwerk und dem experimentellen Spätwerk präsentiert.

Die Ausstellung in Baden-Baden ist klein, in nur zwei Oberlichtsälen werden die Objekte traditionell arrangiert, was den Arbeiten teilweise ihre Schlagkraft nimmt. Doch die Enge der Präsentation sorgt für spannende Blickachsen: In einem Saal sind ein klassischer Frauenakt, "Pierwsza miłość" (Erste Liebe) aus dem Jahr 1954, der surrealistische "Ptak" (Vogel) von 1959 und die in Polyesterharz gegossenen, gestapelten und verzerrten Körperteile der Künstlerin in "Sans titre (Fétiche VII)" 1971 vereint.

Ähnliche Brüche finden sich in ihrer Biografie wieder: Als Kind jüdischer Ärzte in Polen erlebte sie die Judenverfolgung, überlebte die Konzentrationslager Auschwitz und Bergen-Belsen, erkrankte mit Mitte 20 in Paris an Tuberkulose, kehrte als überzeugte Sozialistin nach Polen zurück und verbrachte ihre letzten Lebensjahre im turbulenten Paris der 60er-Jahre, bis sie früh ihrem Krebsleiden erlag.

Ihr Hauptinteresse galt dem weiblichen Körper, den libidinös aufgeladenen Fragmenten wie Lippen und Brüsten, die Szapozcnikow zu Lampen, Trinkbechern und skulpturalen Objekten transformierte. Später rückte der physische Verfall in den Fokus: "Tumeurs personnifiées" (Personifizierte Tumore) nennt die Künstlerin 1971 ihre anthropomorphen Polyesterklumpen, in die sie Fotografien von sich und anderen einarbeitete und teilweise mit Neujahrsgrüßen an Silvester verschenkte.

Es sind Manifestationen der Fremdlinge, die der menschliche Körper als Bildhauer selbst erschafft, und gleichzeitig Ausdruck von Szapocznikows lebensbejahender künstlerischer Vitalität.