Andreas Mühe in Frankfurt am Main

Wiedersehen mit Angela Merkel

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Der Fotokünstler Andreas Mühe erweist sich immer mehr als eigenwilliger Regisseur, der fest an das Erzählen durch Bilder glaubt. Das kann man nun auch im Frankfurter Städel Museum sehen

Als Andreas Mühe seine Serie von Fotografien mit dem Titel "A. M." erstmals veröffentlichte, blieb offen, um wen es sich handelte. Die Frau, die da aber Bild für Bild aus dem Fenster einer Limousine auf deutsche Landschaften blickte, erinnerte ausgesprochen deutlich an Angela Merkel. Haare, Blazer, Haltung, die Kontur des der Kamera abgewandten Gesichts. Tatsächlich hatte Mühe bereits vorher Merkel porträtiert, im Botanischen Garten Berlins. Jetzt hängt beides – die Serie mit der simulierten A.M., und die echte Bundeskanzlerin – einander gegenüber.

Das Frankfurter Städel Museum richtet Mühe eine kleine Einzelschau aus, die zum einen mit einem dunklen Grauton an den Wänden die Brillanz seiner Bildsprache besonders gut zur Geltung bringt. Und zum anderen einen Fotokünstler zeigt, der seine Themen ziemlich eigensinnig sucht und umsetzt.

Seine bildnerische Auseinandersetzung mit dem (Ost-)Deutschsein geht von der Malerei Caspar David Friedrichs aus, wenn er sich selbst nackt in Rückenansicht vor idealtypischer Landschaft ablichtet. Aber auch von den Serien der Bechers, wenn er die Häuser von Wandlitz, ehemals Rückzugsort der DDR-Elite, in ihrer grell ausgeleuchteten Gleichförmigkeit Haus für Haus ablichtet.

Was sind Helden?

Auch sein jüngstes Projekt ist thematisch nicht zwingend, oder "en vogue", wie Mühe sagt. Aber er sei gefragt worden, was Helden für ihn seien, und daraus folgten zwei Serien, die sich mit der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl beschäftigen. Für ihn der Beginn des Zerfalls der Sowjetunion, Heldengeschichten waren auch damals schon zweifelhaft. Mühe widmete die Ausstellung in einer Berliner Kirche dann den "Liquidatoren", die damals aus der ganzen UdSSR geholt wurden, um im Reaktor die Brände zu löschen. "Biorobots", die ihr Leben aufs Spiel setzten, denn Maschinen wären sofort kaputtgegangen.

Daraus entwickelte Mühe eine neue Serie: gesichtslose Figuren in Schutzanzügen, die in einer ebenso gesichtslosen kargen Landschaft von Zweckbauten rätselhaften Tätigkeiten nachgehen. Ob es sich um ein Randgebiet Berlins, um Sibirien oder eine Filmkulisse handelt, wird nicht aufgelöst. Mühe, der aus der Editorial-Fotografie kommt, erweist sich immer mehr als eigenwilliger Regisseur, der fest an das Erzählen durch Bilder glaubt, gerade durch die mehrdeutigen.