Kunstfilm von Angela Schanelec

Wohin will die Melancholie?

Erzählt da jemand? Angela Schanelecs Film "Ich war zuhause, aber..." verweigert sich einem Plot. Der Gewinner des Silbernen Bären fragt vielmehr, was von Wirklichkeit eigentlich noch übrig ist 

Schnitt – Gegenschnitt. Frage – Antwort. Flüssige Montage. Filmbilder und die meistens logische Art und Weise, wie sie aneinandergefügt sind, erzählen in der Regel eine Geschichte. Die Regisseurin Angela Schanelec verweigert sich dem klassischen Erzählen. Allein in dem Titel ihres neuen Film "Ich war zuhause, aber..." hat sich der Zweifel geschlichen. Man kann tatsächlich daran zweifeln, ob noch etwas übrig ist von der sogenannten Wirklichkeit, nachdem man sie in einen Filmplot gegossen hat.

In Schanelecs Film, der den Silbernen Bär der vergangenen Berlinale für die Beste Regie gewann, sind die Einstellungen und Episoden derart lose miteinander verbunden, dass man als Zuschauer in eine notorisch distanzierte Haltung gezwungen wird: Was wird erzählt? Erzählt da überhaupt jemand?

So viel scheint sicher: Astrid, die Hauptfigur des Films, lebt in Berlin, ihr 13-jähriger Sohn Phillip war weggelaufen, nun ist er wieder da. Astrid möchte wohl manchmal Amok laufen, aber es reicht nur für einen Wutanfall in der Küche – nachdem ihre kleine Tochter dort eine Sauerei veranstaltet hat – und eine leidenschaftliche Diskussion über Schauspiel, Körperlichkeit und Wahrheit mit einem Theaterregisseur (wie Jürgen Gosch einer war, Schanelecs Mann, der 2009 an Krebs starb).

Lebewesen, für die ein Plot irrelevant ist 

Sohn Phillip probt Hamlet für eine Shakespeare-Schulaufführung, ein Stück über die zweite Generation, die an den Taten der Eltern erstickt. Schanelec zeigt Menschen, die feststecken, die nicht handeln, nicht einmal flüchten können. Mitunter zeigt sie auch Tiere: einen Esel, einen Hund, der ein Kaninchen jagt und frisst. Lebewesen, für die "Dramaturgie" und "Plot" irrelevant sind.

Manche Szenenfolgen wirken stark, andere wie Parodien auf die "Berliner Schule" (Stilbegriff für ein neorealistisches Erzählen der Nullerjahre, den kaum noch jemand in den Mund nehmen mag). Eine lahmarschige Lehrerkonferenz, in der über Phillips Zukunft diskutiert wird, ist wirklich lustig: gesenkte Köpfe, stumpfe Dialoge, zelebrierter Stillstand. "Wollen wir nicht lieber Feierabend machen?", fragt eine erschöpfte Lehrkraft. Man weiß am Ende nicht recht, wohin der Film will. Aber wohin will die Melancholie?