Apple-Retrospektive in Hamburg

Ende der Ära Steve Jobs

Frau Grätz, das haben Sie ja gut eingefädelt: Am Tag der Eröffnung Ihrer Ausstellung „Stylectrical“ im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg tritt Steve Jobs zurück und jeder spricht über Apple …
Das konnte niemand ahnen. Mit dem heutigen Tag ist die Ausstellung auch zu einer Retrospektive der Ära Steve Jobs geworden.

Bei Ihnen geht es aber um einen anderen Mann, um den Chefdesigner Jonathan Ive. Wie ist das Verhältnis zwischen Jobs und Ive?
Da kann ich nur aus Berichten zitieren: Es ist wohl ein sehr gutes. Jobs hat Ive zu Apples Senior Vice President of Industrial Design gemacht. Damit wurde dem Design ein großer Stellenwert im Unternehmen eingeräumt. Das war 1997 …

… als Steve Jobs erneut in die Firma eingestiegen ist.
Genau. Ive war da schon länger im Unternehmen, seit 1992. Kern unserer Ausstellung sind die gesamten Geräte, die unter Ive in seiner neuen Funktion, also seit 1997 auf den Markt gekommen sind.

Da ging es dann auch langsam los mit dem Boom. Es scheint, der Erfolg von Jobs ist eng verknüpft mit der Leistung von Ive.
Ich bin keine Betriebswirtin, deshalb kann ich nur spekulieren. Aber ich glaube, dass Jobs ein sehr gutes Gespür hat, wann ein neues Produkt auf den Markt gebracht werden kann. Die unternehmerischen Entscheidungen hat er sicherlich hauptverantwortlich getroffen. Ives Design trägt natürlich auch zum Erfolg der Marke bei. Bei keinem anderen Unternehmen lässt sich so gut beobachten, dass Design zum Wirtschaftsfaktor werden kann.

Wie viel Einfluss hatte Jobs auf das Design der Geräte?
Es war immer sein großes Anliegen, den Produkten eine ästhetische Qualität zu verleihen. In den 80ern hat etwa den deutschen Produktdesigner Hartmut Esslinger verpflichtet, der erreichte, dass man Apple mit Design verbindet. Jobs war mit seinem Design-Team auch in Ausstellungen, unter anderem, so heißt es, in einer Schau zu Memphis-Design.

Geht es in Ihrer Ausstellung neben dem Design auch um IT- und Ingenieursleistungen?
Wir haben nur das Produktdesign im Blick und vergleichen die Apple-Geräte mit anderen Meilensteinen der Designgeschichte.

Aber so leicht lassen sich sicher ästhetische und technische Fragen nicht voneinander trennen?
Zum Erfolg von Apple gehört, dass die Firma ein Inhouse-Designteam hat. Das hat damit die Möglichkeit, auch die technischen Entwicklungen zu beobachten und sich sofort Gedanken zur Gestaltung zu machen. Beim iPhone 4 kann man sehen, dass es eine Leistung war, die Stahlwand einzusetzen, die gleichzeitig als Antenne dient – Technik und Design arbeiten zusammen.

Wobei es gerade hier Probleme gab: Viele Nutzer waren enttäuscht von der Antenne …
… woran man erkennen kann, dass es sich um ein Materialexperiment handelt.

Brechen Sie in den Ausstellungen auch die Selbstinszenierungen der Marke?
Apple ist nicht involviert. Wir haben auch bewusst eine ganz andere Architektur für die Ausstellung gewählt, als man sie erwarten würde, wenn man an die Präsentation in Apple-Stores denkt. Wir haben eine museale Auseinandersetzung gesucht.

Für Apple ganz wichtig war stets die Präsentation des fertigen Produkts durch Steve Jobs. Was verliert das Unternehmen mit dieser charismatischen Figur?
Viele Anhänger fieberten jedes Mal dem Kino entgegen, wenn Jobs auf die Bühne tritt und ein neues Produkt vorstellt. Das ist natürlich auch ein Bestandteil der Marke. Ich weiß nicht, ob man das ersetzen kann. Zudem könnte das Gespür für neue Produkte gefährdet sein. Allerdings ist Jobs noch im Vorstand und im Aufsichtsrat. Deshalb wird er immer noch Entscheidungen treffen.

Jobs‘ asketische Anmutung und sein prägnanter Stil verleihen ihm auch etwas von Genie, Künstler und Sektenführer. Was für ein Typ ist Ive?
Ich konnte ihn nie persönlich treffen. Er kommt aus Großbritannien und scheint sehr zurückhaltend zu sein: Er gibt keine Interviews mehr und ist auch nur selten auf Fotos zu sehen. 

Obwohl der Ruhm von Apple sich auf das Design gründet, wird Ive also gewiss nicht das neue Gesicht von Apple?
Ich glaube nicht.


"Stylectrical. Von Elektrodesign, das Geschichte schreibt", bis zum 15. Januar 2012 im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg