Büro Brandlhuber

Architektur als Diskurs

Kaum ein Büro fragt so konsequent, wie Gebäude für ein zeitgemäßes Zusammenleben auszusehen haben, wie das Architekturbüro Brandlhuber. Ökologisch, verwendungsneutral, preiswert – Brandlhuber verflicht die widersprüchlichen Anforderungen des Zeitgeists, ohne dabei Begleiterscheinungen wie Gentrifizierung zu unterschlagen.

Ein neuer Band beschreibt bekannte Projekte wie die Brunnenstraße 9 in Berlin-Mitte mit der bereits ikonischen Faltung in der Fassade oder die Umwandlung von Werner Düttmanns Kreuzberger Kirche St. Agnes in eine Galerie – beide mit engem Bezug zur Gegenwartskunst. „In der Sphäre der Kunst“, sagt Arno Brandlhuber, „existiert eine sehr feine Wahrnehmung für soziale Bewegungen, für kulturelle Umbrüche.“ Die „Antivilla“ in Potsdam-Krampnitz, ein zum Abriss freigegebenes Stofflager, kaufte er preisgünstig, setzte als Heizung einen Saunaofen in die Mitte und zog Vorhänge aus transparenten PVC-Folien außen herum. Dadurch bilden sich ringförmig „Klimazonen“ um den Ofen, was die Nutzungsfläche je nach Außentemperatur erweitert oder verringert.

Da allenfalls Experten imstande sind, solche Informationen aus dem Bau selbst zu lösen, bietet diese sorgfältig zusammengestellte Monografie das erforderliche Hintergrundwissen zu Brandlhubers Arbeiten. Dabei wird sichtbar, dass das Büro Architektur auch als diskursive Tätigkeit begreift und wie sehr es sich in Fragen von Stadtpolitik, Ökononomie und Ästhetik einmischt, statt die Bedingungen vor Ort einfach zu akzeptieren.

Marius Babias (Hrsg.): „Brandlhuber+. Von der Stadt der Teile zur Stadt der Teilhabe. Berliner Projekte“. Verlag der Buchhandlung Walther König, 312 Seiten , 19,80 Euro