Archive der Globalisierung: Aglaia Konrad und Armin Linke in Siegen

„Ich liebe Beton“, sagt Aglaia Konrad. Dass sie es ehrlich meint, erweist sich derzeit im Siegener Museum für Gegenwartskunst. Dort zeigt die Österreicherin mit raumgreifenden Installationen, Fotografien, Filmen und einer Wandtapete, wie der Lieblingsbaustoff der Moderne in verschiedenen Ländern und Kontexten benutzt wird. Von der futuristischen Kirche des Wiener Bildhauers Wotruba über Autobahnbrücken in China bis zu gigantischen Trabantenstädten in der Wüste Ägyptens. Auch der gebürtige Mailänder Armin Linke, der erstmals zusammen mit Konrad ausstellt, fragt als Fotograf und Filmemacher: Wie verändert der Mensch seine Umgebung? Warum ähneln sich die Metropolen dieser Erde immer mehr? Beide finden eindringliche Bilder für den Begriff Globalisierung.


Während Konrad sich stärker für architektonische Strukturen interessiert, beobachtet Linke, wie Natur und Zivilisation sich gegenseitig verändern. Schöne Beispiele: eine monströse Skihalle in Tokio, ein verrosteter Tank in der Sahara, ein mit riesigen Antennen bepflanzter Berg in einer Ausflugsgegend. Oder der Videozyklus „Alpen“, in dem Linke die Auswirkungen von Tourismus und Industrialisierung auf die Region dokumentiert.
Wichtig ist den Künstlern auch der Einsatz ihrer Archive. Dabei gelingt es Aglaia Konrad, etwa mit dem Regalraum voller Fundstücke und Materialien aus und über China, die Welt ins Siegener Haus zu holen. Die bleibt bei Armin Linke außen vor – trotz seiner Arbeit „Phenotypes/Limited Forms“: Der Besucher erhält freien Zugang zu Linkes 30 000 Fotos umfassender Sammlung, vor Ort kann er eine selbst erstellte Auswahl einscannen und schließlich als Leporello mitnehmen. Der Künstler tritt seine Autorschaft ab und überlässt sein Werk dem Publikum zur Entwicklung eigener Bildergeschichten. Was spannend klingt und wohl radikal gemeint sein soll, verpufft leider im Effekt. Das Bild gerinnt zum beliebigen Zeichen, die große Suche schrumpft zum technischen Spielchen.
 

Museum für Gegenwartskunst, Siegen, bis 20. September