Weltmesse im Wandel

Art Basel blickt nach China

Basel (dpa) - Zwölf Flachbildmonitore, angeordnet in zwei Reihen. Zu sehen sind wechselnde Bilder, die Chinas bekanntester Gegenwartskünstler und Regimekritiker Ai Weiwei aufgenommen hat. Seine Installation «258 Fake» gehört zu den Stücken, über die man spricht auf der diesjährigen Art Basel. Das Werk gilt vielen als künstlerisches Symbol für gesellschaftlichen Wandel - und zugleich für eine Neuausrichtung: Die weltgrößte Messe für Gegenwartskunst will sich noch stärker in Richtung Asien, vor allem China, orientieren.

   Vor einem Jahr hatte die Schweizer Messegesellschaft der Art Basel (MCH) den Kauf der Hongkong International Art Fair bekanntgegeben. Nach dem Erfolg mit der Art Basel / Miami Beach in Florida seit 2002 schauen westliche Galeristen nun mit Spannung auf das Projekt Art Basel Hongkong. Die Deutsche Bank ist Hauptsponsor des Basler Hongkong-Projekts, das es ab Mai 2013 ebenfalls jährlich geben soll.

   Kurz bevor sich am Dienstag (12. Juni) in der Schweizer Kunstmetropole am Rheinknie die Tore der 43. Art Basel für das Fachpublikum öffnen, gaben die Messemacher um die Direktoren Marc Spiegler und Annette Schönholzer Einzelheiten zur ersten 1. Art Basel Hongkong bekannt. Unter den erwarteten mehr als 1000 Bewerbungen sollen 250 weltweit führende Galerien ausgewählt werden. Mehr als die Hälfte der Plätze sind reserviert für Asien und die Asien-Pazifik-Region - von der Türkei über den Nahen Osten, Indien und China bis Australien und Neuseeland.

   Dass in diesem Teil der Welt auch in Sachen Gegenwartskunst eine nicht mehr zu überhörende Musik spielt, wurde spätestens klar, als die European Fine Art Foundation im März ihre Trendstudie zum Kunsthandel der vergangenen 25 Jahre vorlegte. Fazit: «China hat die USA nunmehr als weltweit größter Markt für Kunst und Antiquitäten überholt.» Chinas Anteil am globalen Kunstmarkt stieg 2011 von 23 auf 30 Prozent (USA im selben Jahr 29 Prozent). Den größten Schub bekam der chinesische Markt mit Kunst der Moderne und der Gegenwart.

"Wir leben in der Ära der Höchstpreise"


   Der Schweizer Galerist Urs Meile gehört zu jenen westlichen Pionieren der Branche, die früh auf China setzten. 1997 ging er dort erstmals auf Erkundungstour. Wenige Jahre später eröffnete Meile in Peking eine Zweigstelle seines Luzerner Stammhauses. Um die Vertretung von Ai Weiwei bemühte sich der Schweizer schon, als der Künstler noch kaum bekannt war.

   Der Preis für «258 Fake»: 140 000 Euro. Und zwar mehrmals, denn von der Installation sollen acht autorisierte Varianten verkauft werden. Summa summarum 1,12 Millionen Euro, abzüglich der Unkosten und des - vermutlich nicht zu kleinen - Galeristenanteils. «Das ist der Markt, und wir wollen schließlich auch leben», sagt Meile.

   Generell wird erwartet, dass Preisangaben bei der diesjährigen Art Basel noch mehr Staunen auslösen könnten als vergangenes Jahr. «Wir erleben eine "Schrei"-Ära der Höchstpreise», sagt ein deutscher Galerist, der nicht namentlich erwähnt werden wollte. Eine Anspielung auf den Rekord-Auktionspreis von 120 Millionen, der Anfang Mai bei Sotheby's in New York für Edvard Munchs «Schrei» erzielt wurde.

   Auch dass die Herrscherfamilie des Golfemirats Katar das Munch-Werk für sich ersteigern ließ, ohne ein Preislimit gesetzt zu haben, deuten viele als Zeichen einer neuen Ära: Käufer und Händler, schließlich auch Künstler, aus dem asiatischen Raum erlangen immer mehr Marktbedeutung und - einfluss.