Alternativen zur Art Cologne

Hybride Formate im Jahr der Ratte

In dieser Woche hätte eigentlich die Art Cologne stattgefunden. Trotz Absage zeigen viele Galerien ihr Kunstmessen-Angebot in ihren Räumen oder digital. Ein Rundgang

Lange hatte sich die Art Cologne Zeit gelassen, darauf vertrauend, doch noch real und physisch die Türen öffnen zu können. Zu lange würden wohl einige der Ausstellerinnen und Aussteller sagen, die sich schon früher Planungssicherheit gewünscht hätten. In diesen Tagen hätte sie eigentlich aufgrund der Verschiebung mit der zeitgleichen Cologne Fine Art & Design stattfinden sollen, wäre sie nicht Ende Oktober doch abgesagt worden.

André Schlechtriem von der Berliner Galerie Dittrich & Schlechtriem hatte sich – wie viele andere Galeristinnen und Galeristen – schon lange vor der Entscheidung seine Gedanken gemacht; vor der Einführung der Maßnahmen der Bunderegierung, die letztlich zur Absage führten. Er dachte über die Messe nach, aber auch über die Arbeiten, die er dort zeigen wollte: Allesamt stammen sie aus diesem Jahr oder wurden 2020 erstmals gezeigt, nehmen auf die eine oder andere Weise Bezug auf dessen mehr oder weniger krisenhaften Zustände.

"2020 Year of the Rat" hat er die Gruppenausstellung genannt, für die er geplante Messe-Arbeiten mit weiteren Werken von Künstlerinnen und Künstlern aus der Galerie (und Gastkünstler Roger Ballen) ergänzt. Wenn man so will, schlüpft die Kunst in der Schau symbolisch in die Rolle der Ratte, die im chinesischen Kalender tatsächlich das Jahr 2020 bestimmt und dort Kreativität, Intelligenz und Resilienz verkörpert – ganz im Gegensatz zur westlichen negativen Wahrnehmung des Tieres.

Eine gute Idee in jeder Form

Die Gruppenausstellung ist mehr als nur eine Abbildung des geplanten Kölner Messestands, läuft auch gleich bis zum 19. Dezember – ist aber doch Teil der Initiative "Art Cologne @ Home". Unter diesem Namen haben sich 22 Berliner und sieben Münchner Galerien entschlossen, am 20. und 21. November (oder auch ein paar Tage länger) ausgewählte Werke in ihren Räumen zu installieren.

Schon im Juni, zum eigentlichen Termin der Art Basel, hatte eine Gruppe Berliner Galerien in Eigeninitiative die eigentlich für die Messe bestimmten Arbeiten für ein paar Tage als physische Ergänzung in ihren Räumen ausgestellt. Ähnlich ist auch "Art Cologne @ Home" zu verstehen. Wieder waren es die Galerien, die die Aktion anregten, und wieder ist die Umsetzung immer ein klein wenig anders. Eine gute Idee ist sie in jeder Form, allein schon deshalb, weil die digitale Präsentation der Messestände etwas verwirrend ausfällt: Es gibt einen klassischen Onlinekatalog, eine Kooperation mit "Artsy" und dann noch individuelle Online-Viewing-Rooms der Galerien.

Bei letzterem ist jedoch nur ein Bruchteil der Ausstellerinnen und Aussteller dabei, viele verlinken zu Viewing-Rooms auf der eigenen Website, andere leiten zu ihren Auftritten auf "Artbutler" oder nutzen 3D-Animationen von "Artland". Alles wirkt ein wenig improvisiert.

Charmante Hybride

Offline oder als Hybridlösung hat das immerhin einigen Charme: Daniel Marzona und die Sexauer Galerie, die auch auf der Art Cologne kooperiert hätten, haben sich für "Art Cologne @ Home" im Sexauer Showroom mit Caroline Kryzecki und Mischa Kuball zusammengetan. Auch Meyer Riegger und Guido W. Baudach machen gemeinsame Sache.

Nagel Draxler haben die Präsentation auf München, Berlin und einen Online Viewing Room aufgeteilt. In Berlin haben sie sich dafür zwei Häuser von der eigentlichen Galerie entfernt einen temporären Raum angemietet. Dort thront ein 162 mal 120 Zentimeter großes Porträt Christoph Schlingensiefs, aufgenommen von Clegg & Guttmann im Jahr 2006, umgeben von Arbeiten von Martha Rosler, Anna Fasshauer, Pedro Wirz und JPW3.

Klaus Gerrit Friese, seit 1987 Aussteller der Art Cologne, der mit seiner Galerie eigentlich nahe des Berliner Fasanenplatz zu Hause ist, hat dennoch die Koffer gepackt und zeigt seinen Stand auf 150 Quadratmetern Fläche in der Kölner Lindenstraße. Zu sehen sind noch bis zum 22. November Werke von Willi Baumeister, William N. Copley, K.H. Hödicke, Franziska Holstein und weiteren mehr.

Eine Idee für den Moment

In München wiederum hat Nir Altman Arbeiten von Roy Mordechay für drei Tage aufgehängt, Deborah Schamoni Werke von Judith Hopf, Maryam Hoseini, Yong Xiang Li und Amalia Ulman. Wie die Münchner Version des Art-Cologne-Standes der auf Klassische Moderne und Expressionismus spezialisierten Galerie Thomas aussieht, kann man sich sogar gleich in einem Youtube-Video ansehen.

Und jenseits von Berlin und München haben sich unter anderem Sies + Höke aus Düsseldorf und die Hamburger Produzentengalerie der Initiative angeschlossen. Die Idee scheint Schule zu machen, für den Moment zumindest. Irgendwann wird es ja hoffentlich wieder Messen ganz in echt geben.