Kunstmesse Artgenève

"Ja, ich mag Kunst. Besonders Malerei"

Die Artgenève in Genf hat sich als Salonmesse etabliert, die perfekt auf ihre Sammlerklientel abgestimmt ist. Die elfte Ausgabe setzte auf gute Einzelwerke - und überforderte einen sprechenden KI-Roboter

Emma sitzt auf einer Bank und schaut etwas starr auf die große Fotografie von Andreas Gursky, die vor ihr hängt. "Gefällt Ihnen zeitgenössische Kunst?", frage ich sie höflich. Sie rollt die Augen und überlegt eine Weile. Dann öffnet sich ihr Mund, wobei der Kiefer sich seltsam ausrenkt. "Ja, ich mag Kunst. Besonders Malerei!"

Emma ist eine Roboterskulptur von Louisa Clement und eine Abgesandte der aktuellen "Transformers"-Ausstellung des Museums Frieder Burda aus Baden-Baden. In der Messesituation verliert sie gelegentlich den Überblick und schaltet sich aus – es kommen einfach zu viele Leute gleichzeitig, die ihr ein paar Wort zuwerfen, da kommt das Chatprogramm nicht mit. Mit ihrer Vorliebe für Malerei ist sie allerdings ganz richtig auf der Messe.

Zu ihrer 11. Ausgabe zeigt sich die Artgenève als etablierte Salonmesse, die nicht übermäßig experimentell, aber mit angenehmer Qualität die betuchte Klientel in Genf und Umgebung perfekt bespielt. Viele der rund 90 Galerien in der luftigen Halle des Genfer Messegeländes Palexpo stammen aus der Schweiz, auch Frankreich ist gut vertreten.

Märchenhaft erzählerische Bronzen

Doch auch Gagosian lässt sich den Auftritt nicht entgehen und zeigt eine etwas seltsame Kombination von Edmund de Waal und Theaster Gates – ja, beide machen Keramiken, aber die symbolisch hoch aufgeladenen Assemblagen mit feinen vasenartigen Objekten und Goldplatten des Briten und die bewusst grob gebrannten Gefäße des Afroamerikaners Gates verbindet sonst wenig.

Die meisten großen Galerien kombinieren dann auch lieber gute Einzelwerke ohne größere kuratorische Anstrengungen – warum auch, wenn man, wie Thaddäus Ropac, strahlende Porträts von Alex Katz, einen abgemalten Soulages von Robert Longo und Werke der Schweizer Sylvie Fleury und Not Vital zu bieten hat. Dazu füllen die Turmskulpturen aus Bienenwachs von Wolfgang Laib die Koje mit zartem Duft.

Bei der Galerie Continua fallen märchenhaft erzählerische Bronzen von Kiki Smith auf, während bei Eva Presenhuber die computerbasierte Malerei der jungen Louisa Gagliardi einen großen Auftritt hat – sie überträgt ihre Horrorfilm-haft unheimlichen Szenen auf glattes PVC und holt sie mit glitzerndem Nagellack wieder in die dreidimensionale Wirklichkeit.

Noise-Konzert im Club

Die Ausstellerinnen und Aussteller schätzen das Publikum der Artgenève: Es gebe hier vergleichsweise junge, gut informierte und kaufkräftige Sammlerinnen und Sammler, erzählt die Wiener Galeristin Christine König, die gleich zur Eröffnung sehr gut verkauft hatte. Gleichzeitig schafft es die Messe, mit vielen Sonderprogrammen und institutionellen Ausstellern eine Atmosphäre zu schaffen, die über den reinen Verkauf hinausgeht.

Über 30 Sonderkojen sind Institutionen und Sammlungen vorbehalten. Die Sammlung Ringier zeigte eine Hommage an den kürzlich verstorbenen Rodney Graham, der Barry Flanagan Estate eine raumgreifende Skulpturenpräsentation, der Prix Mobilière der gleichnamigen Schweizer Versicherungsgesellschaft seine jungen Preisträger und Preisträgerinnen. Thema der Sonderschau war Musik, mit einem speziellen Projekt von Saâdane Afif. Das Konzert, das der Künstler dazu in einem Club organisierte, erwies sich als schmerzhaft noise-lastig. Doch das war so ziemlich der einzige Missklang  – und der war gewollt.