München

Wal-Skulptur von Gil Shachar "strandet" in der Pinakothek der Moderne

Der Künstler Gil Shachar tourt mit einer lebensgroßen Wal-Skulptur durch Deutschland. Nun ist der kolossale Meeressäuger in der Pinakothek der Moderne in München gestrandet

Zum 20. Geburtstag hat sich die Pinakothek der Moderne in München ziemlich monumentalen Besuch eingeladen. In der Rotunde des Museums liegt nämlich noch bis zum 27. Februar 2022 ein Wal in Originalgröße - die Skulptur "The Cast Whale Project" ist eine Arbeit des Künstlers Gil Shachar und war bereits im Kunstmuseum Bochum, in der Elisabethkirche in Berlin und im Greifswalder Dom zu sehen. 

Über 14 Meter erstreckt sich die Wal-Plastik des israelischen Künstlers, die, weit weg von Meer und Strand, lebensecht und leblos zugleich aussieht. Es handelt sich um den Kunstharz-Abguss eines echten südatlantischen Buckelwals.

Das Kunstwerk hat einen langen Weg hinter sich, nicht nur geografisch. Bereits 2008 initiierte Gil Shachar, der seit 1996 in Deutschland lebt und arbeitet, das "Cast Whale Project" - seinen aus einem Traum geborenen Plan, das größte auf der Erde lebende Säugetier in seiner körperlichen Totalität künstlerisch abzuformen. Zehn Jahre und einige Hürden später konnte er dies in die Tat umsetzen. Eine Crowdfunding-Kampagne erbrachte die nötigen Finanzen, und auch das südafrikanische Umweltministerium gab das "Go".

Mit einem Team aus Künstlern und Präparatoren erschuf Shachar in der Lambert’s Bay (etwa 250 km von Kapstadt) den Abguss eines dort gestrandeten und an Land gestorbenen Buckelwals. In einer Werkstadt vor Ort wurde dieser anschließend in Epoxydharz gegossen und eingefärbt. In mehreren Teilen reist er nun von Ausstellungsort zu Ausstellungsort.

Wal als Auftakt zum Jubiläumsjahr

Für Gil Shachar, der als Bildhauer eigentlich bekannt für seine hyperrealen Abformungen von menschlichen Köpfen ist, öffnet die Begegnung mit einem gestrandeten Wal so etwas wie eine fantastische Parallelwelt, die seit der Kindheit ins Bewusstsein eingeprägt ist. Wale tauchen in Kindergeschichten, in der Mythologie, in Märchen, Gedichten, in Kunst und Literatur auf. Sie repräsentieren stets eine enorme Kraft, ein Wunder der Natur mit hoher Intelligenz, das jedoch nicht zu unterschätzen ist (wie in Herman Melvilles "Moby Dick").

Etwas Besonderes war es schon immer, wenn man auf Reisen einen echten Wal zu Gesicht bekam. Durch die systematische Zerstörung der Natur durch den Menschen sind inzwischen mehrere Arten vom Aussterben bedroht, sodass solch eindrucksvolle Begegnungen bald der Vergangenheit angehören könnten. Auch das Stranden von Walen an einer Küste hat oft mit einer Verwirrtheit der Tiere durch menschliche Einflüsse zu tun. Im nüchternen Kontext eines Museums und weit weg von seinem natürlichen Lebensraum erscheint Gil Shachars Kunst-Wal deshalb nicht nur beeindruckend, sondern auch ziemlich verletzlich.

In München eröffnet die Pinakothek der Moderne nun mit der Skulptur ihr Jubiläumsjahr zum 20-jährigen Bestehen. So sind im Laufe des Jahres 2022 in der zentralen Rotunde des 2002 eröffneten Museumsbaus verschiedene Interventionen geplant, die den öffentlichen Ort zu einem Ausgangspunkt für Kontemplation und Diskussionen machen sollen.