Autostrada Biennale im Kosovo

Neue Wege

Die Autostrada Biennale, die in diesem Sommer zum dritten Mal stattfindet, ist eines der wichtigsten Kunst-Events im Kosovo. Die Kuratorinnen lassen Werke im öffentlichen Raum wachsen und verstehen die Ausstellung als eine Reise mit ungewissem Ziel  

Ein Fluss sucht sich immer irgendwie einen Weg. Aber Wasserläufe können auch verschwinden, bis sie nur noch als Spuren in der Landschaft oder in der kollektiven Erinnerung (oder Fantasie) zu finden sind. Die türkische Künstlerin Hera Büyüktaşciyan hat in der Stadt Prizren im Kosovo nun ehemalige Wasserläufe mit blauem Netzstoff nachgebildet, der eigentlich auf Baustellen benutzt wird. Das blaue Gewebe schlängelt sich einen Berg hinunter, durch Tunnel und sogar durch Gebäude. Die Vorstellung von Wasser wird sichtbar gemacht, Geschichte erscheint als farbiges Band, und auch die Veränderungen durch die Urbanisierung eines Ortes werden deutlich. 

Die Arbeit "My Eye’s Pupil Is Your Nest" ist Teil der Autostrada Biennale, die in diesem Sommer zum dritten Mal im Kosovo stattfindet und unter dem Motto "What If A Journey..." steht. Die Kuratorinnen Joanna Warsza und Övül Ö. Durmuşoğlu sehen die Ausstellung als Reise, die in die Städte Pristina, Prizren und Peja führt. Dort soll es um das Unfertige, Wachsende und Veränderliche gehen. So hat die 90-jährige Documenta-Künstlerin Agnes Denes ein Sonnenblumenfeld vor Pristinas imposantem Jugend- und Sportpalast gepflanzt. Der politisch aufgeladenen Architektur streckt sich nun ein gelbes Blütenmeer entgegen. Auch in der berühmten Nationalbibliothek der kosovarischen Hauptstadt blüht es. Dort haben die Künstler Petrit Halilaj und Alvaro Urbano riesige Stoffblumen installiert, die nun in den Tempel des aufgeschriebenen Wissens hineinragen. 

Kunst solle eine Form der Erholung von alltäglichen Fallen sein, heißt es im kuratorischen Statement. Das Lokale soll sich mit dem Diasporischen mischen, und so findet sich die Kunst sowohl in klassischen Kulturräumen als auch an Tankstellen oder auf öffentlichen Plätzen. Agnes Denes' Sonnenblumen beispielsweise sind einerseits untypische Gäste in einer verbauten Stadtlandschaft, gleichzeitig sind sie ein Beweis dafür, dass eine andere Nutzung von urbanem Raum möglich ist. Die symbolische und die physische Dimension der Blume kommen in der Installation "Sunflower Fields" zusammen. Oder wie die Künstlerin es ausdrückt: eine Möglichkeit, die Realität zu sehen und trotzdem zu träumen.