Bild des Tages

Bauhaus 2.0

Zum 100. Geburtstag der legendären Kunstschule stellen Persönlichkeiten aus Sachsen-Anhalt ein ikonisches Foto von 1930 nach

Es sieht aus, als wäre Studieren am Bauhaus eigentlich ganz entspannt gewesen. Junge Menschen sitzen auf einem Balkon und lassen die Beine baumeln. Es sind Studierende der Bauhausschule in Dessau. Sie sitzen vor der Kantine des Baus nach Entwürfen von Walter Gropius. Genau über derjenigen Mensa, auf deren Speiseplan der Meister und Mazdaznan-Gläubige Johannes Itten unbedingt die Zwiebel ins Zentrum stellen wollte.

Dieses Foto hat das Land Sachsen-Anhalt zum 100. Geburtstag des Bauhaus noch einmal nachgestellt. Nun sitzen einflussreiche Persönlichkeiten aus dem Bundesland auf dem Balkon: Allen voran ist der gebürtige Dessauer und Hollywood-Schauspieler Thomas Kretschmann mit dabei. Neben ihm sitzen der Direktor des Landesamts für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt Harald Meller, der Influencer Justin.Prince, der Tesvolt-Geschäftsführer Simon Schandert, die Buchautorin Kirstin Knufmann, der Geschäftsleiter des Elbedome-Labors, Steffen Masik, der Designer Mathis Hosemann und die Managerin des "Ferropolis"-Geländes Janine Scharf. Und dann wären da noch die Direktorin der Bauhaus-Stiftung Dessau Claudia Perren und der Architekt des neuen Bauhaus-Museums Roberto Gonzalez – die beiden Personen, die den wohl offensichtlichsten Bezug zu der Schule haben.

Denken in kleinerem Kreis

Da die Bauhaus-Schule in Dessau von 1925 bis 1932 bestand, wirkte sie hier am längsten. Für die Stadt entschied man sich nach der Schließung in Weimar aufgrund der aufstrebenden Industrie. In der Schule wurde nicht nur Kunst und Handwerk vereint, sondern die Hallen waren zugleich Orte für Experimente, politische Debatten, Innovationskraft und Aufgeschlossenheit. Inzwischen ist die moderne Schule für Design und Architektur eine der Hauptattraktionen Sachsen-Anhalts geworden. Während die Avantgarden von der Gesellschaft während ihrer aktiven Zeit oft als verrückt und politisch zu weit links wahrgenommen wurden, sind sie heute ein beliebtes Marketinginstrument. Das Bauhaus in Dessau ist ein gut besuchter Touristenmagnet, und die Ideen der weltoffenen Denker haben sich in der Welt ausgebreitet.

Die
fotografische Nachstellung soll Sachsen-Anhalt als Brutstätte der Moderne zeigen, die noch heute Innovation hervorbringt. Allerdings verrät ein Blick auf die Webseite zur Geschichte des Bauhauses Dessau, dass das Originalbild eigentlich länger ist. In der Neuauflage der Staatskanzlei fehlen drei Personen, statt dreizehn balancieren nur zehn Personen auf dem Balkon. Hatten die kreativen Köpfe Sachsen-Anhalts etwas anderes vor? Oder geht modern denken besser in kleinerem Kreis?