Regeln für den Kunstmarkt

Bedroht das neue Geldwäschegesetz den Kunsthandel?

Eine neue EU-Richtlinie zur Geldwäsche betrifft auch Kunstauktionen
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Eine neue EU-Richtlinie zur Geldwäsche betrifft auch Kunstauktionen

Eine EU-Richtlinie alarmiert die Kunstwelt: Händler, Galeristen und Auktionatoren müssen in Zukunft ihre Kunden identifizieren und eine interne Risikobewertung leisten. Was das für den Kunstmarkt bedeutet, analysiert in einem Gastbeitrag für Monopol der Jurist Gerd Seeliger

Die Bedeutung des Kunsthandels hat enorm zugenommen. Die auf Auktionen erzielten Preise sind in atemberaubende Höhen gestiegen. Was Sammler und Kunsthändler freut, ruft den Gesetzgeber auf den Plan, der auch im Kunsthandel einen Bereich zur Geldwäsche sieht. Gerade einmal zwei Jahre nach der Umsetzung der vierten EU-Geldwäscherichtlinie in deutsches Recht hat das Bundeskabinett nun ein Gesetz beschlossen, das im Wesentlichen die Vorgaben der fünften EU-Geldwäscherichtlinie umsetzt

Diese soll helfen, organisierte Kriminalität und Terrorismus-Finanzierung zu bekämpfen. Die Gesetzesänderungen, mit denen dieses zweifellos begrüßenswerte Motiv umgesetzt werden soll, halten viele Sammler und Kunsthändler allerdings für überzogen.

Kunsthändler werden in die Pflicht genommen 

In der Kritik steht besonders, dass Kunsthändler, Auktionshäuser und Galeristen zukünftig nicht mehr nur bei Bargeschäften über 10.000 Euro, sondern bei allen Käufen, die die 10.000 Euro-Schwelle überschreiten, in die Pflicht genommen werden. Die Käufer müssen sich dann in jedem Fall legitimieren – gleich, ob sie in bar, mit Kreditkarte oder per Überweisung bezahlen. Auch bei Auktionen sollen bald sämtliche Teilnehmer eingangs erfasst werden, da ja nicht im Voraus absehbar ist, wer später welches Kunstwerk zu einem Preis über 10.000 Euro ersteigern wird. Und erstmals werden Kunstlagerhalter einbezogen, soweit sie ihre Lager in Zollfreigebieten haben und Geschäfte im Wert von mindestens 10.000 Euro tätigen. Dass beim Handel mit Edelmetallen wie Gold, Silber und Platin der Schwellenwert von Bargeschäften sogar auf 2.000 Euro gesenkt wird, sei nur am Rande angemerkt.

Warum der Handel mit Kunst anders behandelt wird, als der Handel mit Luxusgütern wie Schmuck, Oldtimern, Jachten oder Flugzeugen, scheint nicht schlüssig. Da tröstet es wenig, dass die 10.000 Euro-Grenze beim Kunsthandel in der fünften EU-Geldwäscherichtlinie ausdrücklich vorgegeben wird und der deutsche Gesetzgeber somit keine andere Wahl hat, als diese zu übernehmen.

Sorge um kleine Galerien und Auktionshäuser

Fakt ist: Kunsthändler, Galeristen und Auktionatoren müssen in Zukunft nicht nur ihre Kunden identifizieren; sie müssen auch eine interne Risikoanalyse durchführen, diese dokumentieren und – unabhängig vom Verkaufspreis – Verdachtsfälle melden. In der Praxis wird dies zu erheblichem organisatorischem und finanziellem Zusatzaufwand führen. Die Sorge ist daher nicht nur, dass sich das Kaufverhalten der Sammler ändern könnte, sondern auch die Struktur des Handels, weil kleinere Galeristen und Auktionshäuser aufgeben.

Inwieweit die Sorge berechtigt sind, bleibt abzuwarten. Gab es bei Einführung des Kulturgutgesetzes Befürchtungen, es könnten bis zu 100.000 Anträge auf Ausfuhrgenehmigung gestellt werden, so waren es im Jahr nach Einführung des Gesetzes nur knapp 1.000. Die Mehrzahl der Kunstsammler wird kaum ein Problem haben, ihre Identität preiszugeben, zumal die Kunsthändler personenbezogene Daten ausschließlich für Zwecke der Geldwäscheprävention verwenden dürfen. Die Identifizierung wird auch kaum negativ auf die Kunsthändler zurückfallen, da sie stets darauf verweisen können, nur die gesetzlichen Vorgaben umzusetzen.

Keinen ganzen Bereich unter Generalverdacht stellen

Es bleibt für die verpflichteten Kunsthändler, Galeristen, Auktionatoren und Kunstlagerhalter der organisatorische und finanzielle Mehraufwand. Wünschenswert wäre es, wenn der Gesetzgeber im Wege der Verordnung die Sorgfaltspflichten dort vereinfachen würde, wo erfahrungsgemäß ein geringeres Risiko von Geldwäsche besteht. Dafür sprechen auch neuere Untersuchungen, etwa des IADAA und die ILLICID-Studie, die den Schluss nahe legen, dass die Bedeutung der Geldwäsche nicht nur im Kulturgüter-, sondern auch im Kunsthandel bislang weit überbewertet wurde.

Sollten sich die Ergebnisse durch weitere Studien verfestigen, so wäre eine Anhebung der Schwellenwerte für den Kunsthandel angebracht. Statt einen ganzen Bereich unter Generalverdacht zu stellen, ließe sich dann wieder das Augenmerk auf die tatsächlich kritischen Fälle richten.