Bei Marcel van Eden in Heidelberg wird Celia Zeugin eines Mordes

Wie ein Vogelschwarm schweben die Bilder vor einem. Das Auge sucht nach Ordnung in dem unübersichtlichen Geschwader – zunächst vergeblich. Doch wie der Ornithologe mit der Zeit Muster im Schwarm erkennt, entdeckt auch der Betrachter mit etwas Geduld eine Erzählung in den weit über die Wände des Heidelberger Kunstvereins ziehenden Zeichnungen des Niederländers Marcel van Eeden. Die Geschichte aber erschließt sich nicht durch die Bilder selbst. Zwar scheinen die überwiegend monochromen, an den Film noir erinnernden Motive der Serie „Witness for the prosecution“ um Mord, Angst und Obsession zu kreisen, doch sie bleiben letztlich atmosphärisch.
 

Erst in den Textfeldern, welche die gerahmten Zeichnungen wie eine Art Liveticker im Fernsehen begleiten, erfahren wir Konkretes: Eine Frau namens Celia, der wir schon öfter in van Eedens Werk begegnet sind, berichtet, sie sei Zeugin eines Mordes geworden, den der psychopathische Künstler Oswald Sollmann begangen habe. Doch beschreiben die Wörter tatsächlich die Bilder? Oder führen letztere ein vom Text abgekoppeltes Eigenleben?
In der Konfrontation zwischen atmosphärisch-assoziativen Bildern und linearer Erzählung wirft van Eeden eine Frage auf, die bereits Künstler wie Lawrence Weiner und Kunstwissenschaftler wie Max Imdahl umgetrieben hat: Was leisten Bilder, das Worte nicht leisten können – und umgekehrt? Während der Text in Heidelberg eine befremdliche, aber in sich schlüssige Narration entwickelt, tanzen die Bilder wie eigensinnige Fragmente über den Wörtern. Es ist, als wolle van Eeden uns in den Worten Michel Foucaults zurufen: „Vergeblich spricht man das aus, was man sieht: Das, was man sieht, liegt nie in dem, was man sagt.“ Doch wie den französischen Philosophen fasziniert ihn gerade diese endlose, unlösbare Aufgabe. Der letzte Satz seiner Serie lautet: „To be continued.“