Bundesnotbremse beschlossen

Weitere Wochen im kulturellen Vakuum

Besucherinnen Mitte April in der Ausstellung "Future Food" im Hygienemuseum Dresden
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Besucherinnen Mitte April in der Ausstellung "Future Food" im Hygienemuseum Dresden

Das geänderte Infektionsschutzgesetz ist seit heute beschlossene Sache. Demnach müssen Kulturhäuser bei einer Corona-Inzidenz von über 100 ohne Differenzierung schließen. Eine erneute herbe Enttäuschung

Der Berliner Galerienbetrieb dürfte die aktuellen Zahlen des Robert-Koch-Instituts zum Infektionsgeschehen in den kommenden Tagen so gebannt verfolgen wie Broker den Börsenticker: Bleibt der Inzidenzwert über dem Wert von 150 (aktuell liegt er in der Hauptstadt bei exakt 150), wird das Gallery Weekend Ende April nur digital eröffnen. Ein weiteres, für den Betrieb so wichtiges Event würde damit Opfer der Corona-Pandemie beziehungsweise der Corona-Politik.

Nicht nur für die hauptstädtischen Galerien, für den Kulturbetrieb insgesamt ist dieser Donnerstag kein guter Tag: Nach dem Bundestag hat auch der Bundesrat das neue Infektionsschutzgesetz passieren lassen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat ebenfalls unterzeichnet. Die sogenannte Bundesnotbremse verbietet ab einer Inzidenz von 100 an drei aufeinanderfolgenden Tagen pauschal alle Kulturveranstaltungen, das heißt: Museen Theater, Opern, Konzerthäuser, Bühnen, Musikclubs, Kinos und Gedenkstätten müssen schließen (wenn sie denn je offen waren). Für Galerien gelten die Regeln des Einzelhandels, wonach bis zu einem Inzidenzwert von 150 ein Besuch mit Termin ("Click and Meet") möglich ist, oberhalb dieses Wertes müssen auch sie dicht machen. 

Die Argumente wurden nicht gehört

Die Entscheidung ist ein herber Schlag für die Branche. Nach Monaten des Lockdowns kämpfen viele Ausstellungshäuser, Kunsthändler und Kreative ums finanzielle Überleben. Gerade für den Museumsbetrieb ist die Entscheidung enttäuschend. Die Institutionen haben seit Monaten vehement auf ihre strengen Hygienekonzepte hingewiesen. Dass ihre Argumente trotz langer Beratungszeit des Gesetzes nicht gehört wurden, dass man den Museen nicht zumindest Terminbesuche erlaubt, ist höchst fragwürdig.

Noch zweifelhafter scheint es, dass auch Kulturveranstaltungen im Freien verboten werden, also sämtliche Musikkonzerte, Festivals oder Performances. Erst vor einer Woche hatten führende Aerosol-Forscher und Forscherinnen mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass die größte Ansteckungsgefahr mit dem Covid-19-Virus in Innenräumen herrscht. Doch offenbar blieben ihre Argumente ungehört. Für die Veranstalter könnte das Gesetzt das finanzielle Aus bringen, für das Publikum bedeutet es weitere Wochen im kulturellen Vakuum.