Cao-Fei-Ausstellung in Düsseldorf

In eine ungewisse Zukunft

Im K21 Düsseldorf zweifelt die Künstlerin Cao Fei am China von heute

Eine Frau umarmt in einer Badewanne Plastikspielbälle, als handle es sich um Neuge­borene. Die Idylle auf dem Standbild täuscht. Die Töchter von Cao Fei waren zum Zeitpunkt der Aufnahme dem Baby-Stadium längst entwachsen. Sie mussten jeden Tag die dreckige Luft einatmen, der in Peking niemand entkommt. Auch nicht die durch Hochhausflure geisternden Putzfrauen und Kuriere, die sich im Verlauf der Filmhandlung von "Haze and Fog" in Zombies verwandeln.

Die Apokalypse ist längst unter uns. Vielleicht hat die 40-jährige Künstlerin deshalb ein Faible für Staubsauger-Roboter? Sie suggerieren: Ein sauberer Postkapitalismus ist möglich. Außer dass Cao Fei die Putzexperten statt im Wohnzimmer auf einem Sockel aufeinander losgehen lässt, nur um sie später zum Vehikel für Legehennen umzufunktionieren – die Reise geht in entvölkerte Abrissgebiete.

Maschinen der multimedialen Art sind ohnehin ihr Ding. In der ersten Schau der chinesischen Künstlerin in Deutschland flimmert, brummt und strahlt es, man trifft auf bunte Installationen, verspielte Videos, dokumen­tarisch angehauchte Fotos und Bronzeminiaturen von Deng Xiaoping, die auf das Konto von Cao Feis Vater, einem Staatskünstler, gehen. Der Generationenkonflikt ist unübersehbar, und auch der Zweifel an der "Utopia Factory" des alten neuen Systems, das nach dem Kommunismus die schöne neue Welt des marktfreundlichen Fortschritts auf Kosten von ausradierten Städten und traditionellen Strukturen anpreist.    

In dem Video "Cosplayers" folgt die Pessimistin des chinesischen Traums Jugendlichen durch betonierte Häuserschluchten, die sich in ihrer Zweitidentität einer kämpferischen Manga-Figur besser aufgehoben fühlen. Eskapistische Neigungen weisen auch die Arbeiter einer Glühbirnen­fabrik in der Videoinstallation "Whose Utopia" auf, die sich aus der täglichen Tretmühle heraustanzen.

Den größten Fluchtfaktor gewährleistet die virtuelle Parallelwelt "RMB City", die sich Cao Fei in "Second Life" entworfen hat. Hier begegnet man ihrer Avatarin China Tracy, einer Art digitalen Hexe, die mit einem nackten Säugling durch die Lüfte düst, statt Besen einen Turboantrieb unter den Füßen.

Aber auch eine Existenz diesseits der Science-Fic­tion weiß Cao Fei durchaus zu schätzen. Das beweisen die vielen analogen Skizzen und Zeichenblöcke. Wieder be­gegnet man Müttern, diesmal im Gebärstadium, und unheimlichen Babys mit Brille und Männergesicht. Aus den Mündern kriechen Schlangen in eine ungewisse Zukunft.