Musée d’Art Moderne la Ville de Paris

Das Beste zum Schluss

 Die Ausstellung „Deadline“ versammelt letzte Werke

„The end is important in all things“ - mit dieser Feststellung endet im „Hagakure“, dem Buch der Samurai aus dem 18. Jahrhundert, die Geschichte einer Brotbox, die nur einmal im Jahr, zur Zeit der Kirschblüte, benutzt und dann zerstört wird. Diese Metapher auf das Leben und Sterben der Samurai, lässt sich ohne weiteres auch auf die Malerfürsten anwenden. Obwohl ein Antrieb der Kunst sicher die Kampfansage an den Tod ist, bewegt sich auch das Leben der Maler und Künstler unaufhaltsam und unumkehrbar dem Ende zu. Die Ausstellung „Deadline“ im Musée d’Art Moderne la Ville de Paris stellt nun die letzten Werkkomplexe von zwölf Künstlern vor.

Anfang und Ende sind mit zwei deutschen Künstlern bestückt. Martin Kippenbergers Zyklus zum Floß der Medusa eröffnet die Ausstellung im Halbrund des Pariser Museums. Um einen Teppich mit dem Floßmotiv ordnete er Bilder an, die er den zeichnerischen Vorarbeiten Théodore Géricaults nachempfunden hatte. Was Géricault als großformatiges Historiengemälde darstellt, zerfällt bei Kippenberger zu Einzelbildern, in denen immer der Künstler selbst der Protagonist ist.

Jörg Immendorffs Werke bilden den Abschluss. Da er an einer Sklerose litt und an den Rollstuhl gefesselt war, orchestrierte er sie am Computer. Seine Assistenten setzten die Arbeiten um. Die großformatigen Bilder sind vom Motiv des Todes beherrscht, und seine letzte Skulpturenreihe, in der Affen die Namen großer Maler tragen, erscheinen als Kommentar zur Unsterblichkeit des Künstlers: Was ist die affige Unsterblichkeit im Gegensatz zum realen Leiden und Sterben?

Zwischen diesen beiden Positionen liegt die ganze Bandbreite des Umgangs mit dem nahenden Tod. So auch die großformatigen Arbeiten von Hans Hartung, der nach einem Schlaganfall nur noch mit Hilfe seiner Assistenten und einem umgebauten Ungezieferspritzgerät Bilder schuf. Innerhalb von drei Jahren entstanden so 650 Werke, die auch den Fortbestand des Ateliers sicherten und die Grundlage seiner Stiftung bildeten. Eindrucksvoll auch Chen Zhen, eine Schlüsselfigur der nach Frankreich immigrierten chinesischen Künstlerszene, der sich mit seinen Skulpturen permanent mit seiner Blutkrankheit auseinandersetzte oder auch die Schweizer Fotografin Hannah Villinger, die am Ende ihres Lebens ihren Körper nur mehr indirekt, durch gefaltete Kleidungsstücke auf Polaroid bannte.

Kunst wurde bis weit ins 20. Jahrhundert immer am Begriff des linearen Fortschritts gemessen. Die Kuratorin Odile Burluraux begeht nicht den Fehler, diese obsolete Idee des Fortschritts auf das Leben der Künstler zu projizieren. Die Endstationen der Werke werden weder als krönender Abschluss noch als senile Dekadenz interpretiert. Trotzdem stellt sich die Frage, was die gemeinsame Qualität dieser Arbeiten ausmacht. Die Ausstellung ordnet nach verschiedenen Formen des Umgangs mit dem Tod und gibt eigentlich nur eine Antwort: „Das Ende ist wichtig in allen Dingen.“

Bis 10. Januar 2010. Mehr Informationen unter www.mam.paris.fr