Richtungswechsel unter Trump

Das Ende der Gleichstellungspolitik trifft die US-Museen

Die National Mall in Washington am 20. Januar, dem Tag der Amtseinführung von Donald Trump. An der Prachtmeile reihen sich die Bauten der Bundesmuseen wie Perlen an einer Schnur auf
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Die National Mall in Washington am 20. Januar, dem Tag der Amtseinführung von Donald Trump. An der Prachtmeile reihen sich die Bauten der Bundesmuseen wie Perlen an einer Schnur auf

Donald Trump hat Bundesbehörden angewiesen, Diversitätsprogramme zur Förderung von Minderheiten einzustellen. Von der Maßnahme sind auch Museen betroffen. Es scheint, als könne der Wandel einigen Häusern gar nicht schnell genug gehen

Der neue, alte US-Präsident Donald Trump hat seine Amtszeit demonstrativ mit einem ganzen Papierstoß voller "Presidential Orders" begonnen. Das sind Anordnungen unterhalb der Gesetzesebene, aber nicht immer juristisch wasserdicht. Sei's drum, den "POTUS" (President of the United States), wie er sich schon in seiner ersten Amtszeit gerne kürzeln ließ, stört das nicht. Denn gerichtlicher Widerspruch dient ihm gerade als Beleg für die Existenz des "Deep State", des – angeblichen – Staates im Staat, den zu beseitigen er angetreten ist.

Nicht allzu viel Widerstand hat Trump bei seiner Anordnung zu befürchten, die die Maßnahmen für "Diversity, Equity, Inclusion" in den Bundeseinrichtungen zurücknimmt. Diversität, Gleichstellung und Inklusion ist in der englischen Abkürzung DEI zum Symbol geworden für alles, was Trumpianer auf gesellschaftspolitischer Ebene hassen. Sie wollen keine besonderen Maßnahmen für bislang marginalisierte und unterrepräsentierte Minderheiten, ganz gleich, was ihr jeweiliges Merkmal ist, ob Hautfarbe, Geschlecht oder körperliche "Herausforderungen".

Die USA unterhalten als Gesamtstaat nur wenige kulturelle Einrichtungen. Die aber sind hochkarätig: Es handelt sich vornehmlich um die in der Bundeshauptstadt Washington beheimateten Institutionen, voran die National Gallery of Art sowie die 21 Museen unter dem Dach der Smithsonian Institution, die als Kulturgigant am ehesten mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz in Berlin zu vergleichen ist. Entlang der Prachtmeile der "Mall" reihen sich die Bauten der Bundesmuseen wie Perlen an einer Schnur auf, genauer an zwei Schnüren, denn mittlerweile sind alle Bauplätze rechts und links vergeben. Die Kulturhäuser, ob nun das Hirshhorn Museum oder das National Museum of African American History and Culture, unterliegen aufgrund der Trägerschaft und der überwiegenden Finanzierung seitens des Bundes dessen Richtlinien und damit auch der Entscheidungsbefugnis des Präsidenten.

Begriffe "diversity", "inclusion" und "access" aus der Liste getilgt

Trumps Order unter dem blumigen Titel "Schluss mit radikalen und verschwenderischen DEI-Programmen und Vorzugsmaßnahmen der Regierung" beendet in der die Arbeit der erst vor vier Jahren eingerichteten "Dienststelle für Zugehörigkeit und Inklusion". Deren Leitungsposition war zuletzt vakant, die beiden weiteren Mitarbeiter werden innerhalb des Hauses versetzt. Einem Bericht der "New York Times" zufolge hat die Nationalgalerie die Begriffe "diversity", "equity", "inclusion" und "access" aus seiner Liste der hauseigenen Wertmaßstäbe getilgt und durch die unverbindlicheren Vokabeln "Willkommen und Zugänglichkeit" ersetzt.

In der Smithsonian Institution wurden der "Washington Post" zufolge überdies die Arbeitszeitregelungen auf den Stand vor der Pandemie zurückgeführt. Bedienstete müssen ihre Arbeitszeit wieder vollständig in ihren Büros ableisten, Home Office ist gestrichen. Lonnie Bunch 3rd., der Sekretär, wie der Chefposten der Smithsonian Institution offiziell betitelt ist, beeilte sich, den Mitarbeitern in einer hausinternen Mail zu versichern, dass "unsere Kernwerte der Fairness und Gleichbehandlung für alle unverändert" und "unsere Arbeitsplätze frei von Diskriminierung und Belästigung" bleiben.

DEI-Maßnahmen sind seit längerem die Zielscheibe von Angriffen konservativer und rechtsgerichteter Politiker, bis hin zu abstrusen Vorwürfen wie dem an die Adresse der Bürgermeisterin von Los Angeles, DEI habe die Feuerwehr geschwächt und damit die Bekämpfung der jüngsten Waldbrände erschwert. Im Kern geht es bei der Kritik darum, dass DEI-Programme ihrerseits diskriminierend wirkten, und zwar insbesondere gegenüber weißen Amerikanern. In der Tat sind die von Universitäten praktizierten, unterschiedlichen Eingangsvoraussetzungen je nach ethnischer Zugehörigkeit bereits vor zwei Jahren durch ein mit sechs zu drei Stimmen ergangenes Urteil des Obersten Bundesgerichts als verfassungswidrig aufgehoben worden. Geklagt hatten unter anderem Angehörige der asiatischen Minderheit, für die besonders hohe Zugangshürden bestanden hatten. 

Diskriminierung bleibt weiterhin ein justiziabler Tatbestand

Das ist aber nicht der Kern der DEI-Maßnahmen. Sie richten sich an gesellschaftliche Gruppen, die aufgrund spezifischer Merkmale nachweislich weniger Zugang zu Einrichtungen und Unternehmen hatten als die Bevölkerungsmehrheit. Solche Programme werden teils seit Jahrzehnten ausgeübt. In einer von CNN veröffentlichten Untersuchung erklärten 52 Prozent der befragten Arbeitnehmer, in ihrem Betrieb oder ihrer Institution in DEI-Maßnahmen geschult worden zu sein, und ein Drittel gab an, ihr Betrieb oder ihre Behörde beschäftige eigene Mitarbeiter zur Ausführung von DEI. 

Ob die Anordnungen von Präsident Trump überhaupt messbare Auswirkungen haben werden, die über die Auflösung eigens eingerichteter Dienststellen hinausgehen, darf bezweifelt werden. Denn Diskriminierung bleibt weiterhin ein justiziabler Tatbestand, auch wenn er künftig vielleicht schwieriger nachzuweisen sein wird.