Cage against the machine

Das Fest ist Schweigen

Vor sehr langer Zeit waren es die Hirten, die die Nachricht von der Geburt Christi verbreiten. Vor gefühlt fast ebenso langer Zeit trällerte das Radio „Last Christmas“ von Wham! Heute aber sind es nur mehr Retortenstars, die die Weihnachtscharts stürmen; ihre Namen müssen wir uns nicht einmal merken. So sieht das zumindest ein britisches Projekt mit dem Namen „Cage against the machine“ und hat dem allgemeinen Castingshow-Geplärre zur Adventszeit den Kampf angesagt.

40 Musiker, darunter The Kooks, Orbital und Billy Bragg, haben in London einer Supergroup gegründet, um John Cages berühmtes  Avantgarde-Stück „4‘33“ aufzunehmen; die Komposition, die aus kompletter Stille besteht, wurde 1952 uraufgeführt. Angeregt wurde Cage zu diesem Werk durch den Maler Robert Rauschenberg: „Seine 'White Paintings' … als ich die gesehen habe, habe ich mir gesagt, oh ja, ich muss das machen. Sonst hinke ich hinterher, sonst hinkt die ganze Musik hinterher.“

Seither beschäftigen sich nur Musiker mit diesem Brocken, den Cage uns da hinterlassen hat. Am 13. Dezember wird nun die Coverversion veröffentlicht und soll, geht es nach dem Willen der Initiative, zur Nummer eins der Singlecharts in der Weihnachtswoche werden. Im Radio wäre für die Dauer von vier Minuten und 33 Sekunden nichts zu hören außer weihnachtlicher Stille. Die Erfolgsaussichten stehen nicht schlecht: Fast 73 000 Freunde hat „Cage against the machine“ bereits auf der Internetplattform Facebook.

Der Titel des Projektes geht auf die Vorjahreskampagne zurück, als die Initiative es tatsächlich fertig brachte, ein Stück der Gruppe Rage against the machine auf Platz eins der britischen Charts zu bringen.Deren Songs hört man üblicherweise auf Anti-G8-Demonstrationen.

Jetzt also Stille statt Wutgeschrei.

Das stellt Radiostationen vor Herausforderungen: Als 2004 eine Aufführung von Cages Stück im BBC Radio 3 übertragen werden sollte, musste vorher das Sicherheitssystem des Senders ausgeschaltet werden, das dafür sorgt, dass bei jeder Stille automatisch Musik eingespielt wird. Eine Meldung aus dem Nahen Osten, der Wiege der Weihnachtsgeschichte, liest sich in diesem Zusammenhang wie eine Rettung aus dem ganzen Schlamassel: Die israelische Rundfunkbehörde hat soeben Pläne für ein "Sabbat Radio" vorgestellt – eine Frequenz, auf der geschwiegen wird und nur bei Katastrophen Nachrichten und Warnungen gesendet werden. Strenggläubige Juden könnten so auch am Samstag das Radio anlassen und rechtzeitig informiert werden, ohne die Sabbatruhe zu unterbrechen. Ließe sich so ein Sender nicht auch für säkulare Hörer ins Leben rufen, wenigstens in der Adventszeit?