Kunsthaus Dresden

Das Handy am Ohr, die Welt in der Hand

Kein Leben ohne Handy mehr: Die Videoinstallation „Min Mobil“ (2003) der Schwedin Annika Ström zeigt, wie unterschiedlich das Mobiltelefon den Alltag von Menschen prägt. Die Mutter der Künstlerin versteckt ihres wie einen Luxusgegenstand, der selten angefasst wird. Befremdlich die Szene, wenn ein klingelndes Telefon einen ausgelassenen Moment zwischen Ström und ihrem Kleinkind unterbricht. Als die Mutter das Kind loslässt, ist sein Lachen wie abgeschaltet. Die „globale Alltagskultur des Mobiltelefons“ hat ihre Aussetzer.

 

Die Grundthese der vom Kunsthaus Dresden geladenen Kuratorin Miya Yoshida steckt im doppeldeutigen Titel „Welt in der Hand“: Das Handy suggeriert eine Verfügungsgewalt für den Einzelnen – in den Anschlussmöglichkeiten an diverse Netzwerke. Andersherum hat auch die Technologie die Welt im Griff. Im Entree der Ausstellung sind Ausschnitte eines prophetischen Fernsehspiels von Rainer Werner Fassbinder zu sehen. „Welt am Draht“ erzählt von einer virtuellen Großstadt, die zu Marktforschungszwecken geschaffen wurde.


Spielerisch wiederholt sich dieses Modell in der „Saiten-Kästen-Matrix“ (2007/10) von Erwin Stache. Ein Feld aus 64 Schubkästen, mit Gitarrensaiten bespannt und mit Handyvibrationsmotoren ausgestattet, simuliert in schnarrenden Hörbildern das Schneeballprinzip in der Kommunikation. Ähnlich humorvoll thematisieren Maria Thereza Alves und Jimmie Durham in ihrer Videoperformance „Grunewald“ (2006) die Kommunikationsrituale von Großstädtern, die mit Zwitscherflöten, Donnerblechen und Klanghölzern im Gehölz herumwirtschaften.


Ein Teil der vielschichtigen, mit einigen banalen Exponaten mitunter auch etwas geschwätzigen Ausstellung widmet sich dem Siegeszug des Mobiltelefons in Afrika – und den Schattenseiten der Technologie für den Kontinent. In Zentralafrika wird das Roherz Coltan abgebaut, das für Handykondensatoren benötigt wird. In einem Schaubild widmen sich Alice Creischer und Andreas Siekmann dem Beziehungsgeflecht zwischen Großunternehmen und den abhängigen lokalen Akteuren – während Barthélémy Toguo im Keller des Kunsthauses Porträts von Coltan-Minenarbeitern präsentiert, die nur mithilfe von Grubenhelmen zu sehen sind.

 

Kunsthaus Dresden, bis 23. Mai. Weitere Informationen unter www.kunsthausdresden.de